Montag, 17. Mai 2010

Abschied auf leisen Sohlen

Beziehungen und Freundschaften sterben leise - nämlich dann, wenn die Gespräche verstummen...

Wenn Menschen sich finden, zusammen kommen, etwas zwischen ihnen entsteht, denkt man, dass man etwas für die Ewigkeit gefunden hat. Man tauscht sich aus, spricht, kehrt das Innerste nach Aussen, es entsteht eine Vertrautheit, eine Nähe. Die Zeit vermag dieses Gefühl auszubauen, indem sie gemeinsame Erlebnisse einbaut, welche zu Erinnerungen werden und so das Wir-Gefühl stärken.

Wie kommt es, dass irgendwann eine Wende kommt? Nähe schwindet, Gespräche verstummen, Distanz Einzug hält? Wer beginnt das Schweigen und wieso? Könnte man nicht einfach weiter reden und alles wäre wieder gut?

Trotz der Nähe leben beide beteiligten Menschen in einem Beziehungsgefüge ihr eigenes Leben, erleben ihre eigenen Dinge und werden von denen geformt, geprägt und verändern sich so. Diese Veränderung kann man teilen, man kann sich aber auch dazu entschliessen, sie als seine eigene Sache anzusehen und sie für sich zu erleben. Der andere bleibt dabei aussen vor.

Je prägender nun der verändernde Faktor ist, je tiefer er in ein Leben eingreift, desto mehr von diesem Leben ist plötzlich versperrt für den anderen. Das schafft unweigerlich Distanz. Gespräche verstummen, weil das Lebensprägende nicht mehr einfliesst und so wird es still und stiller. Und mit der Stille nimmt langsam das Gefühl eines Abschieds Überhand. Klar kann man festhalten, klar kann man weiter sprechen, übers Wetter, die neusten Trends, was in der Welt passiert. Das alles sind aber bezogen auf zwei Menschen belanglose Dinge, sie schaffen keine Nähe, sie füllen bloss Leere. Leere, die trotz allem deutlich fühlbar bleibt. Und irgendwann erträgt man die Leere nicht mehr, will sich ihr nicht mehr aussetzen. Vor allem, weil man merkt, dass es keine Brücken gibt, so lange man aus dem Lebensinhalt verbannt ist.

Es gibt den Spruch, dass wenn einer geht, der andere schon längst gegangen ist. Dies ist bezogen auf einen Seitensprung in einer Beziehung so, aber auch in Freundschaften. Wenn einer die Beziehung verlässt, tut er das oft, weil der andere schon lange nicht mehr anwesend war. Das kann verschiedene Gründe haben, doch wenn dieser nicht frühzeitig selber merkt, dass er in die Beziehung zurück sollte, wird er den Weggang des anderen schwer aufhalten können. Die Chance besteht, aber nicht jeder Bruch ist zu kitten.

Im Nachhinein ist es schwer, zu sehen, wer wirklich den ersten Schritt tat. Vor allem ist das Leben nicht immer linear und vor allem nie kausal. Es führt nicht einfach eines zum anderen, sondern viele kleinen Dinge passieren, ausgelöst von etwas, das wiederum andere Ursachen hatte. Nicht alle Ursachen liegen in einem Leben, nicht alle sind klar nachzuvollziehen. Das Leben hat seine eigenen Gesetze und Mechanismen, uns bleibt nur, uns bewusst zu sein, was wir tun und denen Sorge zu tragen, die wir in unserer Nähe haben wollen. Und: die ziehen zu lassen, die sich Distanz verschaffen.

Wer weiss, was die Zukunft bringt. Vielleicht führen Wege, die sich mal trennten, wieder zusammen, auf die eine oder andere Weise. Sicher ist, dass alles seinen Sinn und seine Zeit hat.

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