Donnerstag, 9. Februar 2012

Reine Liebe

Heute habe ich aus einem Impuls hinaus die "Worte eines Erwachten" (Zensho W. Kopp) aufgeschlagen, im Denken, dass mir die Stelle, die ich treffe, etwas sagen wird. Ich landete auf Seite 93, Titel: Reine Liebe:

Die reine Liebe ist die Liebe in der Form der allumfassenden Ganzheit. Sie sucht stets die Aufhebung aller Gegensätze, denn sie strebt zum vollkommenen Einssein.
Reine Liebe bleibt nicht am konditionierten Gefühlsimpuls einer dualistischen Unterscheidung hängen. Es ist nicht die Pseudo-Liebe, die ergreifen und besitzen will, sondern ganz im Gegenteil.
Es ist die LIebe, die sich selbst schenkt und hingibt. So wie die Motte, wenn sie das offene Feuer sieht, sich selbst vergessend in das Feuer hineinfliegt und darin verwandelt wird.

Ein schönes Bild der Liebe, eines, das selten so gelebt wird. Oft wollen wir unter dem Deckmantel der Liebe etwas besitzen, etwas einnehmen. Wir sagen, dass wir lieben und nehmen uns das, was wir durch diese Liebe bekommen. Oft wird die Liebe auch instrumentalisiert, um zu kriegen, was man will. Man denkt, wenn der andere sich geliebt fühlt, erhalte ich, was ich für mich brauche. Das ist eine Form von Selbstliebe, von übersteigerter, die aber nie zum wirklichen Glück führen wird, denn auf dem Unglück anderer baut man kein eigenes Glück auf. Zurück wird irgendwann Leere bleiben. Auch die Liebe, die besitzen will, wird nicht zum Glück führen, denn sie ist voller Angst, voller Zwang, voller Einschränkungen. Man sieht das Glück ständig in Gefahr, klammert sich an das Geliebte, will es halten. Und merkt nicht, dass man es genau so in die Ferne treibt. Die eigenen Ängste werden durch alle Poren durchkommen und die Beziehung durchdringen. Die Gefühle werden nicht mehr frei sein, sondern gezwungen, erzwungen und irgendwann bezwungen. Und zurück bleibt Leere, das Gefühl, verloren zu haben, das Gefühl einer erfüllten Erwartung, wobei es sich wohl eher um eine selbsterfüllende Prophezeihung handelte.

Ein anderes Bild der Liebe, das mir immer wieder in den Sinn kommt, findet sich in der Bibel - die wohl schönste Beschreibung davon, was Liebe ist (Korinther 1.13):

Die Liebe ist geduldig und freundlich.
Sie kennt keinen Neid, keine Selbstsucht,
sie prahlt nicht und ist nicht überheblich.
Liebe ist weder verletzend
noch auf sich selbst bedacht,
weder reizbar noch nachtragend.
Sie freut sich nicht am Unrecht,
sondern freut sich, wenn die Wahrheit siegt.
Diese Liebe erträgt alles, sie glaubt alles,
sie hofft alles und hält allem stand.

[...]
Was bleibt sind:
Glaube, Hoffnung und Liebe.
Die Liebe aber ist das Größte.

Voraus geht dieser Passage folgender Gedanke:

Ohne Liebe bin ich nichts.
Selbst wenn ich in allen Sprachen der Welt,
ja mit Engelszungen reden könnte,
aber ich hätte keine Liebe,
so wären alle meine Worte hohl und leer,
ohne jeden Klang,
wie dröhnendes Eisen oder ein dumpfer Paukenschlag.

Die Liebe ist unsere Basis, sie trägt, sie macht uns lebendig. Sie gibt mehr, als sie nimmt, sie erwartet aber nichts, wenn sie gibt, da sie von sich selbst aus gibt, im Wissen, dass der, welcher gibt, immer mehr hat am Schluss. Das steht auch im Tao te King, Vers 81:

Der Berufene häuft keinen Besitz auf.
Je mehr er für andere tut,
desto mehr besitzt er.
Je mehr er anderen gibt,
desto mehr hat er.

Mit den Worten der Liebe: Sende Liebe aus und du wirst geliebt werden. Hältst du sie zurück, nimmst nur, wirst du irgendwann einsam sein.

Ich habe mich vor Urzeiten selber mal poetisch an der Liebe versucht - dies zum Abschluss für heute. Eigentlich wollte ich heute gar nicht über die Liebe nachdenken, ein Griff zu einem Buch kann manchmal Welten öffnen und die Gedanken weiter treiben. So fing ich bei Zensho an, einem Deutschen mit japanischem Gedankengut (ZEN), ging weiter zur Bibel und deren jahrtausende alten Weisheiten und kam schliesslich nach China. Ein Zeichen dafür, dass es universelle und zeitunabhängige Gedanken gibt, Gedanken, die in uns sind, Gefühle, die uns tragen, die jeder in sich trägt und die er eigentlich nur frei lassen sollte, um zu seinem Glück zu finden.

Liebe ist...

Liebe kennt keine Grenzen,
sie stellt keine Bedingungen.
Liebe macht keine Auflagen,
sie wertet nicht.
Liebe kennt keine Vorurteile,
sie verletzt nicht.
Liebe trägt,
wo niemand sonst es tut;
sie unterstützt,
wo Hilfe nötig.
Liebe steht,
wo alle fallen;
sie hält zu einem,
wenn alle weg sind.
Liebe gibt Kraft,
wo deren Ende erreicht ist;
sie gibt nie auf,
auch wenn alles schon verloren scheint.
Liebe ist,
was sie ist,
ohne Schein und ohne Lüge,
sie ist.

Keine Kommentare: