Sonntag, 1. Januar 2012

Zu gut für diese Welt

"Du bist zu gut für mich, darum lasse ich dich gehen", sagte der Prinz und zog von dannen. Zurück blieb Schneewittchen und wollte sich grad von ihren Zwergen trösten lassen, als sie - ja, als sie das Hirn einschaltete. Nun kommen in Märchen relativ wenig Hirnschaltungen vor, sie nehmen wohl der Geschichte den niedlichen Märchencharakter. Aus diesem Grunde verlassen wir die Märchenwelt an diesem Punkt und kommen jäh zurück in die Realität, fragen uns hier: "Was für ein Schmus ist das denn?" Sind Menschen zu gut oder zu schlecht für einander? Und: kann der andere entscheiden, ob man nun zu gut ist für ihn? Ist er grosser Ritter und Held, der auf das Gute verzichtet, weil er sich selber für zu schlecht befindet? Würde man dahin gehen, allen ernstes und sagen: Ich bin so schlecht, ich habe die Frau, den Mann, den Job nicht verdient, ich gebe ihn jemandem, der ihn besser verdient?

Ich meine, Selbstlosigkeit ist eine Tugend, ab einem gewissen Grad dann wohl doch nur noch Doofheit. Wäre es denn wirkliche Selbstlosogkeit und nicht eine andere Eigenschaft als Wolf im Schafpspelz "Selbstlosigkeit" verpackt. Die erste Frage, die sich stellt:

Ist ein Mensch zu gut für den anderen? Oder der andere zu schlecht für einen? Wer stellt diesen Massstab auf? Mit welchem Recht? Nach welchen Kriterien? Grösse des Einkommens? Stand der Ausbildung? Herzensbildung? Wie ist die messbar? Und ist Herz in Skalen einteilbar? Herznummer 1-5 passt nicht zu Herznummer 6-10? Würde sich jemand selber Herz absprechen? Ist ein Handwerker ein schlechterer Mensch als ein Akademiker? Irgendwie abstrus...

Wenn ich jemanden liebe, der mich auch liebt, gebe ich ihn dann frei, weil ich so selbstlos denke, der findet bestimmt noch was Besseres als mich? Und vor allem, mit welchem Recht bestimme ich das für ihn? Vielleicht will der ja just mich? MIt allen Ecken und Kanten und Schlechtigkeiten :) Vielleicht findet der mich ja toll so? Und wenn nicht mit allem, dann doch so toll, dass er mich will? Gehe ich dann dahin und sage: sieh's ein, ich bin gar nicht so gut, ich lass dich gehen - gerade WEIL ich dich so liebe. Abstrus... und vor allem: Kompetenzüberschreitung. Damit stellt man sich über den anderen, spricht dem ab, selber zu entscheiden, was er will, kann, soll und sagt ihm, was er nicht soll - nämlich eben mit einem zusammen zu sein. Keine Tugend, Grenzverletzung. Und vor allem spricht es eine gegenteilige Sprache zum "Ich bin zu schlecht"; es sagt nämlich: ich bin so gut, dass ich weiss, was gut für dich ist. Und ich habe die Macht, es durchzusetzen.

Da sitzt man dann, man guter Mensch, man zu guter Mensch und fragt sich: "Welcher Film läuft hier ab?" Und: "wie kam der ins Kino?"

Man kann aber auch einfach aus dem ganzen ziehen: "Der hat recht! Ich bin gut! Sehr gut! Und verdiene nur das Beste!" Und dann glaubt man dran, dass das Beste für einen (das nicht gut, besser, am besten, sondern einfach für einen gut, für einen das beste, weil das für einen Passende) zu einem findet. Und dieses Gute wird genau so gut sein, dass es sich als gut genug für einen, einen für gut genug für sich und alles für ach so gut und passend sieht, dass es sich nicht in leere Floskeln von Wert und Unwert stürzen muss, sondern leben kann, was lebbar ist.

Go for it, it is the best you can get because you are the best you can be!

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