Freitag, 2. März 2012

Offene Augen

Die Vergangenheit ist längst vorbei, sie lässt sich nicht mehr beeinflussen, die Zukunft noch nicht da, auch sie können wir nicht aktiv leben, lebbar ist nur die Gegenwart. Drum lebe im Jetzt, es ist das einzige, was wirklich ist. So und ähnlich klingen die östlichen (und neu auch westliche) Lebensanweisungen zum Glücklichsein. Die Wahrheit darin ist augenscheinlich, keine Frage. Die Vergangenheit ist unweigerlich vorbei, wir werden sie nicht nochmals leben können, wir können nichts ungeschehen machen, nichts nochmals durchleben oder gar vermeiden, was wir taten oder erlebten. Es ist vorbei. Aber es hinterlässt seine Spuren in uns. Wir tragen die Vergangenheit in uns mit, in jeder unserer Zellen steckt ein Stück Vergangenheit, die die Zelle, uns als Ganzes, so werden liess. Wir wuchsen aus der Vergangenheit ins heute. Und wir werden weiter wachsen in eine Zukunft.

Alles, was wir heute tun, wird unsere Zukunft mitprägen, legt den Grundstein zu dem, was wir in der Zukunft sind. Zwar können wir die Zukunft heute nicht leben, aber wir können das Fundament dafür legen (und wenn man weiter denkt, legen wir auch das Fundament für unsere Nachkommen). Klar kann man sagen, die Zukunft sei noch nicht da und man wisse nicht, was sie wirklich bringe. Trotzdem wird sie (sehr wahrscheinlich, wenn nicht etwas schlimmes passiert) kommen und sie will dann vorbereitet sein, dass sie auch lebbar ist - so, wie man sie eben leben möchte. Man hat immer Pläne im Leben, Ziele im Leben, möchte Wege einschlagen, die zum Ziel führen, das man sich in seinen Träumen und Wünschen vorstellt. Und dazu ist das Heute: diesen Weg auch zu gehen.

Ich denke, die Essenz des Vorsatzes im Heute zu leben, ist nicht, die Zukunft und die Vergangenheit auszuklammern, sie zu negieren, sondern sich bewusst zu sein, dass wir heute nur dieses Heute haben und dieses auch schätzen sollen. Die Vergangenheits- und Zukunftsgedanken sollten nicht das ganze Heute eliminieren im Kopf und die ganze Aufmerksamkeit abziehen. Das Heute soll bewusst und achtsam gelebt werden, mit Genuss, präsent. Trotzdem gilt es, auch nach vorne zu schauen, um zu sehen, wo man hin will und wie man dahin kommen kann. Und es gilt nach hinten zu schauen, um zu sehen, wieso wir sind, was wir sind. Und auch gewisse Fehler, die wir machten, in der Gegenwart vermeiden zu können - oder zumindest als solche erkennen zu können.

Vergangenheit vergeht nie - wir tragen sie mit. Aber wir können ihr den Platz zuweisen, der ihr zukommt: Sie ist Teil unseres Lebens und unseres Seins, aber sie ist vorbei und damit abgeschlossen. Mit diesem Bewusstsein die Gegenwart angehend, die Zukunft im Blick, werden wir den Weg gehen - bewusst, präsent, aber nicht blind - weder nach hinten noch nach vorne - und schon gar nicht im Jetzt.

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