Freitag, 6. August 2010

Vergangenheit, die nie vergeht

Alles hat seinen Preis im Leben, man hat nie alles. Die Kunst, glücklich zu sein, bedingt, den Fokus auf das zu richten, was man hat und nicht darauf, was einem fehlt. Man muss schätzen, was gut ist und damit den dafür gezahlten Preis akzeptieren und annehmen.


Wichtig ist vor allem auch zu sehen, was wirklich passiert im Leben, im Jetzt und was wir nur aus Mustern der Vergangenheit heraus interpretieren. Oft sehen wir Dinge, die gar nicht da sind, hören Dinge, die gar nicht so gesagt wurden, weil wir einmal erlebt haben, gesehen haben, gehört haben, was wir sahen und hörten und erlebten. Die Vergangenheit und ihre Erlebnisse haben ihre Spuren tief in unsere Seele gebrannt und wir geraten immer wieder in diese ausgebrannten Spuren. Fast wie Magnete ziehen sie unsere Sinne an und lassen uns reagieren, wie wir es tun.

Vergangenheit lässt Ängste entstehen, die uns im Umgang mit dem Leben und den Menschen vorsichtig machen. Aus diesen Ängsten heraus können wir nicht mehr frei auf andere zugehen, uns nicht mehr ganz auf sie einlassen. Wir bauen Mauern, behalten Abstand, versuchen, uns vor neuen Enttäuschungen zu schützen und produzieren gerade durch diese Distanz die nächste Enttäuschung, weil der andere sich durch unsere Distanz selber verunsichert fühlt und seinerseits auf Distanz geht.

Aber kann man einfach vergessen? Tabula rase und los geht es ohne irgendwelche Prägungen und Muster? Wohl kaum. Der Mensch wurde durch das, was er erlebte zu dem, was er ist. Vergangenheit prägt, Erinnerung bildet Identität. Wichtig ist aber, sich bewusst zu sein, was man tut, wie man reagiert und wieso man das tut. Indem man sich immer wieder fragt, wieso Gefühle aufkommen, wie sie es tun, wieso man reagiert, wie man es tut, werden wir uns unserer selbst und unserer internen Muster bewusst und können vielleicht ab und an Gegensteuer geben, wenn wir nur aus vergangenheitsbezogenen Ängsten heraus dabei sind, jemandem in der Gegenwart unrecht zu tun oder uns gar in unser eigenes Unglück zu stürzen.

Es ist immer wichtig, sich für die Gegenwart zu entscheiden. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, die Zukunft liegt nicht in unseren Händen, ist ungewiss, so viel wir auch in ihre potentielle Sicherheit stecken. Das einzige, was jetzt da ist und was wir wirklich in die Hand nehmen können, ist die Gegenwart. Und hier gilt es, uns zu entscheiden und nach diesem Entscheid zu leben. Dabei hat alles seinen Preis. Jeder Entscheid für etwas ist ein Entscheid gegen etwas anderes. Alles hat man nie. Aber was man hat, ist viel - wenn man es nur sieht und schätzt. Oft haben wir aber die Tendenz, dem nachzutrauern, was wir nicht (mehr) haben. Wir vermissen, was wir so gerne hätten und vernachlässigen dabei, was wir wirklich haben. Unser Unglück ist damit hausgemacht.

Glück ist: zu sehen, was man hat.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr schön und einfühlsam geschrieben. Es ist halt schade, dass sehr viele (zu viele) Menschen ihre Selbstschätzung/Selbstwertgefühl nur aus materiellen Dingen schöpfen.
Liebe Gruesse - moni

Cosima hat gesagt…

Danke für deinen lieben Kommentar, Moni. Ja, es ist leider so: Materielles gilt häufig als Gradmesser des Glücks. Man denkt, wenn man etwas hat, ist man etwas und vergisst dabei oft den Wert, den man eigentlich schon einfach als "ICH" hat. Die Gesellschaft hilft dabei kräftig mit, indem einem immer suggeriert wird, nur wer etwas (in den Augen der Gesellschaft Sinnvolles) tut, ist ein wertvolles Mitglied.

Lieber Gruss
Sandra