Donnerstag, 29. Dezember 2011

Falsche Zurückhaltung?

Wenn ich etwas will, muss ich das sagen, denn sonst besteht die Gefahr, dass ich es nicht kriege - und die besteht zu Recht, denn wie soll der andere wissen, was ich will, wenn ich es für mich behalte? Einfache Logik, einfach umzusetzen: Rede folgt Wunsch, Wunsch geht (vielleicht) in Erfüllung. Somit wäre das Problem gelöst, der Blog könnte hier zu Ende sein. Wenn - ja wenn - es wirklich so einfach wäre. Oft halten wir nämlich genau damit hinterm Berg, was wir wirklich wollen. Wir fühlen uns falsch behandelt, sind mit Situationen nicht glücklich. Statt dem andern zu sagen, dass es so nicht stimmt, schweigen wir und versuchen durch die Blume durchblicken zu lassen, dass wir es gerne anders hätten. Bringt der andere dann einigermassen gute Argumente oder tritt nur schon bestimmt genug auf, schweigen wir wieder und schicken uns in unser Schicksal, nicht glücklich, aber zum Schweigen gebracht. Wieso? Wieso stehen wir nicht hin, mit derselben Kraft, und sagen: So nicht mit mir! Wieso stehen wir nicht ein für uns selber und trauen uns zu, genau so viel Wert zu sein, eine genau so grosse Plattform zu verdienen wie der andere sich für sich herausnimmt? Aus Angst, ihn zu verletzen? Ihn zu verlieren? Aber damit verletzen wir uns selber und verlieren uns auch selber. Und es wird nie eine ausgeglichene Beziehung sein, da der andere so immer am längeren Hebel ist, wir nur machen können, was er zulässt. Und das Schlimme daran ist: wir geben ihm diese Macht selber. Wäre es so schlimm, wenn jemand aus unserem Leben ginge, der uns eigentlich gar nicht wahrnimmt? Der unsere Bedürfnisse seinen ständig hinten anstellt, unsere Argumente nie den seinen adäquat erachtet? Wären wir nicht auf lange Sicht besser dran, wenn er denn wirklich ginge mit all seiner Kraft und Macht und Dominanz und wir wieder Herr unserer selbst wären? Ist das wirklich lebenswert, sich selber aufgeben zu müssen, hintenanstellen zu müssen, um den andern zu behalten?

Dasselbe passiert, wenn wir etwas wollen von jemandem, ihm Gefühle offenbaren wollen, Wünsche anbringen wollen. Wir trauen uns nicht, sie loszuwerden, weil wir denken, das Gesicht zu verlieren, dumm dazustehen. Was, wenn ich ihm sage, dass ich ihn liebe und er verlegen wegguckt und nach Worten ringt? Was, wenn ich ihm sage, dass ich gerne den Abend mit ihm verbringen möchte, er das gar nicht will? Was, wenn ich mich offenbare und nicht auf offene Türen stosse? Lieber halten wir uns bedeckt und abwartend, schauen, was da kommt und können dann entsprechend reagieren - oder auch nicht, wenn gar nichts kommt. Nur: was gewinnen wir damit? Gesicht gewahrt, Chance verpast? Vielleicht. Zumindest nehmen wir uns die Möglichkeit, selber zu unseren Gefühlen zu stehen. Wir erachten die eigenen Gefühle und Wünsche als minderwertig, lachhaft, den andern, der sie so sehen könnte, ist in dieser Sicht über uns, denn wir fürchten uns vor seiner Reaktion. Wir wollen keine Blösse zeigen und machen uns eigentlich genau damit schwach. Aus Angst. Aus Scham. Aus Unsicherheit. Wie schön wäre es, hinaus zu gehen, zu sich zu stehen, zu sagen, was man denkt und will und fühlt - und die Ablehung, die klar kommen könnte, als genau das zu sehen, was sie ist: nicht der Beweis des eigenen Unwerts, sondern nur das Zeichen, dass das eben nicht für uns bestimmt war. Unabhängig von unserem eigenen Wert.

Mein Vorsatz fürs neue Jahr, das bald kommt.

Montag, 26. Dezember 2011

Opferrollen

Oft sehen wir uns in Zwängen. Das Leben, in dem wir stecken, ist nicht das Leben, das wir leben wollen oder das wir uns als unser Leben vorstellten. Wir sehen Menschen, von denen wir nicht loskommen, Jobs, in denen wir feststecken, Gefängnisse, wo wir hinsehen. Rousseau sprach von Ketten, in denen der Mensch liegt. Er sah den Staat als Anketter des vormals frei geborenen Menschen. Der Staat besteht aus Menschen und ist menschgemacht. Gemacht von Menschen, die gewisse Regeln, gewisse Normen, gewisse Ansprüche verwirklicht haben wollen, um ein Zusammenleben zu ermöglichen. Dabei gehen oft persönliche Bedrüfnisse unter zu Gunsten eines Gemeinwohls. Das ist nicht grundsätzlich schlecht, das ist rational angebracht. Es wäre verhehrend, wenn um des Wohles einzelner Willen die Mehrheit litte. Wohin das führt, ist in vielen schwarzen Beispielen der Geschichte dokumentiert. Trotzdem ist es nicht glücksbringend, wenn man die eigenen Bedürfnisse ständig übergeht. Vor allem dann nicht, wenn dieses Übergehen nicht mal einem Gemeinwohl dient, eigentlich unterm Strich niemandem dient als eigenen zurechtgelegten Begründungen und Ansprüchen.

Oft auferlegen wir uns unsere Ketten selber, indem wir denken, auf eine gewisse Weise handeln zu müssen, um Ansprüchen zu genügen, die oft nicht von uns selber stammen, sondern in uns hineingeimpft wurden. Sie sitzen als übergeordnete Stimmen in uns und weisen den Weg mit drohender Stimme: "Du kannst das nicht tun, das gehört sich nicht!" Oder es sind Ängste, die uns in Ketten werfen: "Wenn du das tust, passiert etwas ganz Schlimmes!"

Leider sind wir nachher nicht glücklich, wenn wir diesen Stimmen folgen, im Gegenteil, in uns nagt eine Unzufriedenheit, ein Fluchtgedanke kommt auf, der sagt: das halte ich nicht aus, ich muss hier raus. Man denkt, dass irgendwo da draussen etwas auf einen wartet, das viel lebenswerter ist als das, was wir leben. Und indem wir am Alten festhalten, das Neue suchen, machen wir das Leben nicht wirklich lebenswerter. Wir begeben uns in eine Doppelwelt, in der wir uns zerreissen zwischen zwei Polen und bei keinem mehr zu Hause sind. Was dabei vergessen wird ist, dass man nie an den Punkt kommt, an den man will, wenn man mit einem Bein auf einem andern Punkt steht. Man steht nur mit beiden Füssen gut auf dem Boden, alles andere ist instabil. Der Gedanke, den zweiten Fuss nachziehen zu können, wenn der erste mal abgstellt ist, ist ein Irrgedanke. Das Fundament ist wacklig gebaut auf diese Weise.

Um einen richtigen Stand zu haben, muss das Fundament stimmen. Ist das, was man lebt, nicht das, was man leben will, gibt es nur den Weg, das zu ändern. Entweder ändert man es im Bestehenden oder aber man sieht, dass das nicht mehr stimmt und verlässt das. Erst dann ist man frei genug, Neues zu bauen. Alles andere wird nur im Chaos enden - für sich und für alle andern. Die Menschen im neuen Leben werden sich nicht wirklich gewollt fühlen, die im alten wähnen sich in einer Scheinsicherheit, die irgendwann jäh zusammenstürzt. Und man selber verliert sich selber im Hin und Her.

Der alte Spruch: das eine tun, das andere nicht lassen greift in diesem Falle selten. Nicht aus moralischen Gründen, sondern aus rein emotionalen. Gesetzt den Fall, man sucht keine Beliebigkeit, sondern Einmaligkeit - die eben trägt und verbindet. Und so lange wir uns nicht darauf einlassen, fühlen wir uns als Opfer unseres Lebens, das uns verunmöglicht, was wir eigentlich wollen, ohne zu merken, dass wir es selber sind, die wir uns im Wege stehen.

Samstag, 24. Dezember 2011

Fest der Liebe

Es gibt Tage, an denen geht es einem einfach gut. Ohne ersichtlichen Grund - oder auch mit. Man möchte die Welt umarmen, singen, tanzen. Man möchte allen sagen, wie toll das Leben ist und wie schön die Welt. Und fühlt in sich dieses Gefühl im Bauch, das Herz das tanzt. Ich hoffe nun mal, das fühle ich nicht alleine, nicht dass ich mir noch Sorgen machen müsste um meinen Gemütszustand und vor allem: es ist so schön, das sollen alle fühlen können.

Es gibt auch andere Momente. Momente, in denen die Welt dunkel scheint, man keine Auswege sieht, Probleme über den Kopf zu wachsen drohen. Man denkt, die Welt soll stehen bleiben, man möchte aussteigen, doch sie dreht und dreht und dreht. Der Kopf ist gefangen in Gedanken, die kein Ende nehmen und je mehr Gedanken fliessen, umso weniger weiss man.

Ab und an denke ich: wäre es nicht schön, das Leben wäre einfach ein wenig gleichmässiger, ein wenig flacher. Das wäre weniger anstrengend, weniger aufreibend, viel entspannter. Aber dann wären wohl auch die schönen, tollen, lebendigen Gefühle weg. Das Leben wäre weniger belebt. Das wäre nicht das, was ich wollte. Vielleicht muss man, um das Licht zu sehen, die Dunkelheit in Kauf nehmen? Kann sich aber in der Dunkelheit vielleicht daran halten, dass das Licht wieder kommt, denn es kam immer wieder. Oft ist die Dunkelheit vor allem deswegen bedrohlich, weil das Licht ganz zu fehlen scheint. Können wir aber im Bewusstsein behalten, dass die Dunkelheit nur eine Seite des Lebens ist, die andere, helle, ihr folgt, nimmt dieses Bewusstsein der Dunkelheit den Schrecken.

Das Leben geht weiter. Immer. Und wenn heute überall Lichter scheinen, an den Bäumen, in den Fenstern, auf den Tischen, hoffe ich, dass sie auch in den Herzen der Menschen scheinen.

Ich wünsche allen da draussen ein wunderschönes Weihnachtsfest!


Und für die gute Stimmung meine most favorites:

Rockin' around the christmastree

All I want for christmas

Ein wenig besinnlicher:

Have yourself...

Und unabhängig von Weihnachten:

Wonderful world

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Lieb sein um geliebt zu werden

Der Mensch will geliebt werden, möchte, dass andere Menschen ihn nett, gut, toll finden. Dafür macht er einiges oder eben auch einiges nicht. Wie viel lassen wir uns gefallen, um ja nicht abgestossen zu werden? Wie oft weiten wir unsere eigentlichen Grenzen aus, um dem andern nichts abzuschlagen, wofür er einen zürnen könnte. Wir machen uns so zur Marionette anderer Bedürfnisse, indem wir die eigenen vernachlässigen, verletzen, ignorieren.

Es geht nicht drum, als Egoist durchs Leben zu gehen, nur noch seine eigenen Bedürfnisse zu sehen, diese auf Gedeih und Verderb durchzusetzen. Aber wir sollten aufpassen, dass wir im Streben nach Liebe uns selber nicht verlieren.

Wenn jemand an einen herantritt mit einer Bitte, fällt es oft schwer, nein zu sagen, selbst wenn alles in uns nein schreit. Wir sind uns oft zu wenig wert, zu unserem Nein zu stehen, weil wir denken, wir hätten dieses Nein gar nicht verdient. Ein ruhiger Abend zu Hause der Anfrage nach Hilfe vorzuziehen erscheint uns egoistisch, selbst wenn wir erschöpft, müde und absolut ruhebedürftig sind. Wir denken, der andere denke dann schlecht von uns, sei enttäuscht, traurig und würde das nicht verstehen. Und vielleicht ist das auch so. Nur: wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse immer wieder mit Füssen treten, wird unser Selbstwert immer kleiner und wir werden selber immer trauriger, enttäuschter.

Besonders verhängnisvoll wird dieses Verhalten in Beziehungen. Wenn einer immer grösser wird, der andere immer kleiner, fällt die Beziehung in ein Ungleichgewicht. Der eine bestimmt, der andere gibt nach, der eine ist stark, der andere immer schwächer - und irgendwann wird es zerbrechen. Weil der Starke gelangweilt ist vom Schwachen oder weil der Schwache den eigenen Leidensdruck nicht mehr aushält und alle noch vorhandenen Kräfte mobilisiert, aus dem Gefängnis der Unterdrückung der eigenen Gefühle raus zu kommen.

Oft spielen diese Mechannismen im Unbewussten. Der Starke ist sich vielleicht seiner Art gar nicht bewusst, merkt vielleicht gar nicht, dass er immer seien eigenen Weg geht, den andern immer auf diesen zieht, ohne ihn zu fragen oder zu hören, was sein Weg wäre. Er sieht die Gründe für seinen Weg und diese sind für ihn selber stichhaltig, so dass es ihm nicht in den Sinn kommt, davon abzuweichen. Dabei übersieht er, dass auch der andere Gründe hat für SEINEN Weg - und diese für IHN genau so triftig sind. Nur wenn beide gehört werden und gemeinsam den Weg finden können, wird es ein Weg sein, der weiter geht und auf dem beide fröhlich gehen.

Dienstag, 20. Dezember 2011

Unverhofft kommt oft

Wir neigen oft dazu, alles durchdenken zu wollen, planen zu wollen. Wenn wir keine Pläne haben, fühlen wir uns unsicher, wie ein Schiff auf hoher See ohne Land in Sicht, auf das wir zusteuern können. Wir denken, wenn wir nicht genau wissen, wohin die Reise geht, reisen wir ins Uferlose, ins Unsichere. Das macht Angst.

Wie oft ergeben sich aber aus dem Nichts plötzlich Situationen, die man sich besser nicht hätte ausmalen können? Türen gehen auf, wo vorher Dunkelheit herrschte, Licht bricht rein und erhellt das Leben, das vorher noch so undurchsichtig schien. Menschen kommen auf einen zu, die man nie erwartet hätte, Kontakte entstehen, die einen beleben, einen erfreuen und einen weiter tragen auf ihre Weise in diesem Leben. Jede Begegnung ist ein Gewinn - wir müssen sie nur wagen.

Es fällt oft schwer, einfach auf andere Menschen zuzugehen. Zu tief sitzt die Angst, abgewiesen zu werden, zu stark ist die Prägung, dass man Fremde nicht einfach ansprechen kann. Schade eigentlich, denn vielleicht wäre man für den andern eine Bereicherung in seinem Leben? Gehen wir nicht oft mit einer Maske durch die Welt, die nach aussen etwas signalisiert, das wir tief innen nicht sind? Wie viele Menschen sind einsam? Man lies davon, man hört davon, sieht sie aber im Leben kaum. Weil sie eine Maske tragen. Nun kann man sagen, sie sind ja selber dumm, wenn sie diese tragen, doch ist es oft Selbstschutz, der zur Maske greifen lässt. Man möchte das Gesicht nicht verlieren, hat Angst, von den andern negativ bewertet zu werden, weil man einsam ist. Einsamkeit erscheint als Makel, den nur der trägt, mit dem niemand etwas zu tun haben will. Doch das stimmt so nicht.

Wenn wir alle offener durch die Welt gingen, würden sich noch viel mehr Fenster und Türen öffnen und die Welt erschiene in einem helleren Licht. Und ich denke nicht, dass das meine rosa Brille ist, die das so sieht. In diesem Sinne: gehet hinaus (nein, nicht vermehret euch), öffnet euch und freut euch über all die Begegnungen, die ihr machen könnt.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

When all is said or done

Es gibt Zeiten des Aufbaus, Zeiten des Haltens und Zeiten des Niedergangs, der Zerstörung. Brahman, Vishnu, Shiva verkörpern diesen Lebenskreislauf im Hinduismus. Der Buddhismus sagt, das Leiden des Menschen resultiert aus dem Festhaltenwollen an dem, was ist. Wenn wir uns gegen die natürlichen Abläufe des Lebens sperren, an dem festhalten wollen, was ist, das vermeiden wollen, was nicht gut erscheint, setzen wir uns selber ins Leiden. Denn das halten zu wollen, was ist impliziert die Angst des Verlustes. Das vermeiden wollen, was man nicht will, lässt ständig gegen etwas kämpfen, was noch nicht ist, uns aber Angst macht. Und so sind wir von Ängsten getrieben, die eigentlich nichts mit dem Jetzt zu tun haben, sondern nur damit, was wir uns vorstellen, dass es sein könnte. Wir selber sind also verantwortlich für dieses Leid, weil wir unseren Vorstellungen Vorrang geben vor dem, was wirklich ist.

Nun klingt das alles wunderbar und auch verständlich. Man ist gewillt zu sagen, dass es genau so ist und man denkt sogar: ich höre auf damit, sofort. Leider holt uns unser Muster des Festhaltenwollens immer wieder ein. Es ist so tief in uns, dass es schwer ist, dem zu entsagen. Es hilft aber schon, sich dessen bewusst zu sein und immer wieder von neuem hinzuschauen, was wirklich ist, wenn wir wieder in einer Leidensphase stecken. Wo kommt dieses Leid her? Woran leiden wir? Ist das wirklich wahr, was uns das Leiden verschafft oder sind es nur unsere hausgemachten Vorstellungen?

Die Phase der Schöpfung ist voller Energie. Man sieht ein Ziel, will es erreichen, ist positiv. Ab und an zweifelt man vielleicht an der Machbarkeit, aber alles in allem ist das eine kraftvolle Phase. Wir bewerten sie als positiv. Die Phase des Haltens ist eine Beruhigung nach der Anstrengung der Schöpfung. Man kann ernten, was man vorher säte. Es ist eine schöne Phase, wohl die, welche man bewahren wollte. Ab und an vielleich ein wenig langweilig, so dass man denken könnte: war das nun schon alles? Gibt es nicht noch mehr? Müsste nicht mal wieder was ändern? Und dann kommt sie, die Phase, die eigentlich niemand haben will, denn Zerstörung und Untergang machen Angst. Man weiss nicht, ob der Fall je enden wird. Ob nachher wirklich wieder Aufbau kommt oder man einfach nur unsanft irgendwo landet. Man fürchtet, nie mehr Licht zu sehen vielleicht, denn man sieht nur, was kaputt geht, das, was kommen könnte, ist noch nicht da. Und viele verzweifeln in der Situation, denken, keinen Ausweg mehr zu sehen, da alles vor die Hunde geht, was ihnen lieb und teuer war. Man sieht das auch in der Jahreszeit, die diese Phase repräsentiert im Aussen: im November, dem Monat, der alles düster werden lässt, die Sonne wegbleibt, die Blätter verschwinden, Kahlheit und Grau zurück bleiben, tauchen auch viele Menschen in ihre eigenen Tiefen hinab. Und so mancher sieht keinen Ausweg mehr, glaubt nicht mehr an neue Schöpfung, nur noch an endlosen Untergang. Und er sucht den eigenen Ausweg aus allem - den, der allem Absinken ein Ende macht. Auch ein Loslassen... ob es das richtige ist? Wer weiss das? Wer kann es beurteilen? Die, welche nicht in der Lage sind? Nicht in seiner Haut stecken? Haben sie den Massstab? Wäre ein paar Wochen/Monate später alles besser gewesen? Oder aber war es doch der richtige Weg? Für ihn? Was ist richtig? Was falsch? Wer Richter? Wer Henker? Wer wählt?

Freitag, 2. Dezember 2011

Gutes zieht Gutes an

Wie oft sitzen wir da und martern unser Hirn mit negativen Gedanken. Wir denken, was alles schlief lief in unserem Leben, was schief laufen könnte. Wir sehen Gefahren, wägen Risiken ab und schüren unsere Ängste, noch bevor etwas passiert ist. Durch diese negativen Gedanken ist es aber viel wahrscheinlicher, dass etwas passieren wird. Man weiss, dass man viel eher fällt, wenn man aus Angst, fallen zu können, übervorsichtig läuft. Man verlagert dann seinen Schwerpunkt, geht über in eine ungesunde Haltung und verliert so viel leichter das Gleichgewicht.

Wenn wir daran denken, was alles schlecht ist, strahlen wir genau das Schlechte aus und wir werden noch mehr Schlechtes anziehen. Wir schreien quasi in die Welt: alles ist schlecht und die Welt wird uns antworten: Du hast recht. Und wir sehen uns bestätigt in unserer Haltung und schreien noch viel lauter wieder raus: ALLES IST SCHLECHT. Und die Spirale dreht abwärts.

Bei Lichte betrachtet ist selten alles schlecht. Sehr viel ist sogar gut. Aber damit beschäftigen wir uns nicht. Wieso auch, es ist ja gut. Wir vergessen all die wertvollen Menschen in unserem Leben, vergessen, was schön ist in unserem Leben, vergessen, wie viel Grund wir hätten, dankbar zu sein und zu sagen: Das Leben ist schön. Würden wir es tun, würden wir hinsehen und alles sehen, was gut ist, würden wir in die Welt schreien: Es ist gut, wie es ist. Und die Welt würde zurück rufen: Du hast recht. Und sie würde noch mehr Gutes zurücksenden.

Unsere Gedanken prägen unsere Welt. Und das, was wir ausstrahlen, werden wir auch ernten. Drum sollten wir immer bewusst hinschauen, was wir denken, was wir sehen, worauf wir uns konzentrieren. Denn wir haben es in der Hand, die Welt zu gestalten, in der wir leben. Zumindest ein Stück weit. Und schon dieses Stück wird dazu beitragen aus diesem Leben ein gutes Leben zu machen. Wir müssen es nur wollen und unseren Teil dazu beitragen.

In diesem Sinne in ich heute einfach dankbar - dankbar für die neuen Chancen, dankbar, für positive Feedbacks in den letzten Tagen, dankbar für viele Gefühle, Menschen und Situationen.

Dienstag, 29. November 2011

Anfang und Ende

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, heisst es. Allerdings steht vor jedem Anfang auch ein Ende. Wo etwas anfangen kann, ist meistens vorher etwas zu Ende gegangen. Und jedes Ende beinhaltet einen kleinen Tod, ist ein Stück sterben. Etwas, das war, das Teil des Lebens war, dieses mitgestaltete, mit ausmachte, ist nun nicht mehr. Und selbst wenn man sich bewusst dafür entscheidet, dass es aufhören soll, so liegt doch auch Wehmut im Ende, denn der Abschied ist nicht immer einfach. Nie war alles nur schlecht, selten der Entscheid, etwas zu beenden, ganz klar und ohne Gegenargumente. Und alles, was gehen das Ende sprach, ist nun Grund für die Wehmut. Das Neue ist noch nicht, ist nur erahnt, vielleicht erhofft, vielleicht gewünscht, das alte ist, ist gefühlt, noch erlebt, noch präsent. Und damit aktueller und intensiver.

Charles Darwin sagte, dass nichts in der Geschichte des Lebens beständiger sei als der Wandel. Die indische Philosophie hat mit drei Gottheiten den Wandel benannt, indem sie sagt, alles, was ist, ist mal entstanden und wird ebenso untergehen, um etwas Neuem Platz zu machen. Es scheint also ein Naturgesetz zu sein, dass nichts ist, alles fliesst. Loszulassen wäre die Devise und wohl das heilsamste. Die Think Pink-Generation würde sagen, man solle sich auf das Gute besinnen, das Negative ausblenden und fröhlich lächelnd durchs Leben ziehen. Auch wenn ich Pink mittlerweile mag, liegt mir die Haltung nicht ganz. Vielleicht kurzzeitig, bis mich die Gedanken wieder eingeholt, überrollt haben. Dann bricht die ganze Last der Argumente gegen das Ende über mir zusammen und lässt mich hadern. Um bald darauf wieder aufzustehen und anzupacken und den Neuanfang ins Blickfeld zu nehmen.

Und so dreht und dreht und dreht die Welt im Kopf, ohne eigentlich weiter zu kommen, denn: was ist, ist, was sein wird, ist noch nicht. Sich nun den Kopf zu zerbrechen, was sein könnte, wird nichts bringen, denn was sein könnte, wird sich zeigen, wenn es ist. Klar kann man nicht die Zukunft ausblenden und nur im Heute verweilen, sich aber den Kopf über ungelegte Eier zu zerbrechen und dann darob zu verzweifeln wird nichts bringen, sicher nichts Gutes.

Tief durchatmen, schauen, was wirklich Sache ist - und dann Schritt für Schritt dem Neuanfang entgegen laufen. Es kommt, wie es muss, schliesslich und endlich hatte man Gründe für das Ende - gute Gründe, sonst hätte man es nicht in Betracht gezogen.

Donnerstag, 24. November 2011

Das Leben in wachsenden Ringen

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.


Rainer Maria Rilke, 20.9.1899, Berlin-Schmargendorf

Ein genialer Dichter, ein wundervolles Gedicht. Das Leben lebt sich immer nur vorwärts. Und indem man vorwärts geht, kommt immer etwas dazu. Wir kommen auf die Welt als unbeschriebene Blätter und lernen, was die Welt bedeutet - oder aber in der anderen Sicht: alles ist in uns, wir müssen es nur erwecken. So oder so, die Grundaussage ist dieselbe: das Leben zeigt sich mit jedem Schritt, mit jedem neuen Augenblick, von einer neuen, grössern Breite, Es öffnet seine Tore, lässt den Blick weiter werden. Was wir heute auf die eine Art sehen, kommt uns morgen anders vor. Nicht weil es sich verändert hat, sondern weil wir uns verändert haben.

Immanuel Kant sagte einst: Wir wissen nicht, ob das, was wir sehen, grün ist, oder ob wir nur eine grüne Glasscheibe an Stelle des Auges tragen. Wie oft gehen wir dahin und denken, das, was wir sehen, denken, fühlen, sei die Wahrheit. Wir hätten sie erkannt. Und schon morgen kann die Welt anders aussehen, die heutige Wahrheit zur Lüge verkommen sein. Wir sehen nur, was unser heutiger Blickpunkt uns sehen lässt. Diese Erkenntnis hilft, nicht überheblich zu werden, andere nicht zu verurteilen für ihre Sicht der Dinge. Denn wer sagt uns, ob nicht ihre Sicht die ist, die wir morgen auch haben werden? Selbst wenn wir heute (klar zu recht aus unserer Warte) von unserer überzeugt sind? Das heisst nicht, dass wir keine Überzeugungen mehr haben sollen, sondern, dass wir andern die ihren lassen sollen und einen Weg finden, wie wir mit unseren, sie mit ihren, gemeinsam klar kommen. Im Wissen, morgen kann die Welt anders aussehen.

Und so wachsen wir Tag für Tag, lernen dazu, gehen in eine neue Runde, sehen neue Welten, neue Aspekte, lernen neue Ängste kennen, die aus neu erkannten Gefahren, Unsicherheiten wachsen. Alles wächst, alles spriesst, nichts bleibt. An etwas festzuklammern würde Stillstand bedeuten. Im ersten Augenblick würde es nach Sicherheit aussehen, im zweiten nach Tod. Lassen wir uns leiten, gehen wir, Schritt für Schritt, Ring für Ring, durchs Leben, nicht wissend, wer wir sind, wo wir landen, was wir sollen. Immer im Willen und Wunsch, den letzten Ring zu vollenden.

Freitag, 11. November 2011

Folter und andere mittelalterliche Praktiken

Im Mittelalter waren Folterstrafen an der Tagesordnungen. Es wurde geteert, gefedert, Menschen wurden auf Räder geflochten oder aber an allen ihren Gliedern an Pferde gebunden, die Pferde danach in alle Himmelsrichtungen gescheucht. Ab und an kommt mir das Leben vor wie diese Folterstrafe mit den Pferden: es scheinen von diversen Richtungen Forderungen zu kommen, denen man genügen sollte. Und indem man versucht, alles zu erfüllen, reisst es einen langsam auseinander.

Ein Sprichwort sagt: jedem Menschen recht getan ist eine Kunst, die niemand kann. Das stimmt eh. Man hat so viele Ansprüche an sich, wie man Menschen kennt. Und alle widersprechen sich. Allerdings scheinen in einem selber genau so viele Ansprüche zu sitzen. Und wie man sich auch entscheidet, man verletzt immer einen anderen Anspruch. Wenn man dann noch versucht, die Ansprüche verschiedener Menschen unter einen Hut zu bringen bei gewissen Entscheiden, wird man nicht nur gevierteilt, man wird in Kleinststücke geschnetzelt.

Der Mensch ist ein Mangelwesen - und das ist wohl das Problem: irgend etwas fehlt immer. Jeder Entscheid für etwas entfernt einen von etwas anderem. Zu entscheiden, was nun Priorität haben soll ist nicht immer ganz einfach. Da ich von Natur aus nicht sehr entscheidungsfreudig bin, können solche Entscheidungsfragen zu echten Herausforderungen werden. Alle guten Tipps wie Pro und Kontra-Listen, etc. habe ich hinter mir - sie helfen nie. Denn bei jedem Argument dafür kommt das entsprechende dagegen. Und so drehe ich im Kreis und im Kreis und im Kreis... bis... irgendwann dann doch eine Entscheidung fällt. Die dann natürlich oft genug hinterfragt wird.

Wie entscheidet man eigentlich? Denn dass man entscheiden muss, ist ohne Frage. Nichts ist schlimmer als kein Entscheid...

Von Daten und anderen herausragenden Dingen

Für Nora

Heute ist der 11.11.11. Heute wird geheiratet, was das Zeug hält, Kinder kommen per Kaiserschnitt auf die Welt, damit sie dieses sinnvolle Geburtsdatum haben - heute ist alles toll. Was heute passiert, muss gut sein, weil es ein sinnträchtiges Datum ist. Da kann nichts mehr schief gehen. Wenn man das Datum hat, ist man cool, in, was Besonderes.

Wieso eigentlich? Was ist am 11.11.11 besser als am 4.2.11? Wenn man bedenkt, dass die Quersumme von 11.11.11 6 ergibt und 6 ein Drittel der Teufelszahl 666 ist, wäre ja alles schon zu einem Drittel dem Teufel geweiht. Das sei blosser Aberglaube? Na, wieso dann aber das super Datum? Das wäre dann auch blosser Aberglaube?!? Oder nimmt man es, weil man es sich besser merken kann? Wohl kaum. Ein Jahr später ist nicht mehr der 11.11.11 und das 11.11. ist nicht mehr viel anders als jedes andere Datum auch.

Wieso will man eigentlich immer etwas Besoneres haben oder sein? Wieso reicht normal nicht aus, ist gar langweilig? Wieso denkt man, sich durch solche besonderen Dinge aufwerten zu müssen? Weil man (sich?) selber nicht genug ist? Weil man herausragen muss oder will? Weil man wahrgenommen werden will? Wohl schon. Das Problem dabei ist, dass die Spirale ins Uferlose geht. Je mehr besondere Menschen es gibt, desto mehr Besonderes muss man sich auferlegen, um noch mehr herauszustechen. Und so geht immer mehr Energie in die Aktionen, das Besondere zu suchen, finden und sich anzueignen. Irgendwann vergisst man dabei zu leben und vor allem geht das eigene Besondere unter, denn all die anderen Besonderheiten sind stets nur aufgesetzt, nicht echt.

Drum heirate ich heute nicht (ok, wäre etwas eng gewesen), kriege keine Kind (das hat wohl auch andere Gründe) und mache auch sonst nichts - ausser vielleicht mich 11 Mal im Kreis zu drehen und 11 Mal hurra zu schreien und dabei an 11 tolle Dinge zu denken - welch ein Spass!

Montag, 7. November 2011

Wahrheiten

Wieso lügt der Mensch? Und wieso ist Wahrheit so wichtig?

Die zweite Frage ist wohl einfacher zu beantworten: Wahrheit ist eine Art Sicherheit. Wenn man die Wahrheit weiss, weiss man - denkt man - woran man ist und kann Wege finden, damit umzugehen. Der Mensch strebt nach Wissen, blosser Glaube ist zu unsicher und Nichtwissen kaum auszuhalten oft. Klar gibt es unbequeme Wahrheiten - Wahrheiten, die sowohl für einen selber wie auch für den anderen schmerzhaft sind und die man lieber vermeiden würde. Man denkt, wenn man dem anderen etwas sagt, tut man ihm damit weh und lässt es drum lieber bleiben. Man denkt, den anderen beschützen zu können, wenn man die Wahrheit für sich behält. Ist das wirklich so?

Thomas Mann sagte mal, eine schreckliche Wahrheit sei besser als eine Lüge. Ich stimme dem zu. Denn die Wahrheit ist das, was ist. Selbst wenn man sie verschweigt, ist sie trotzdem noch da. Weiss man sie, kann man sie lernen zu akzeptieren, kann lernen, damit umzugehen, kann sich überhaupt überlegen, was man mit dieser Wahrheit anfangen will, wie damit umgehen. Diese Möglichkeit fehlt, weiss man die Wahrheit nicht. Dann hängt man in einer Luft aus Wolken, die nicht tragen. Man wägt sich in einer Scheinsicherheit, die nicht existiert und der Fall am Ende ist um Welten grösser, als wenn man die Wahrheit gleich gewusst.

Wenn man das nun aber weiss, wieso lügt man doch? Wieso setzt man den anderen einer Unwahrheit aus, im Wissen, wie das auf einen selber wirkt und was man selber sucht? Die Welt scheint aus Lug und Betrug zu bestehen. Menschen machen sich grösser, schöner, besser, betrügen ihre Partner, gehen Nebenbeziehungen ein. Natürlich immer mit den notwendigen Rechtfertigungen dafür, so dass sie in ihrem Tun nicht ganz so schlecht dastehen. Gründe gibt es immer. Man ist eigentlich unschuldig, der andere hatte vorher schon - drum darf man ihn nun belügen und betrügen. Man hat Angst, eine schlimme Kindheit, Wünsche, die sonst zerbrechen würden... Gründe für Lügen gibt es viele, meist sind sie vordergründig und dahinter steht purer Egoismus. Und Verantwortungslosigkeit. Man will die Konsequenzen für das, was ist oder was man tut, nicht tragen und greift zur (Not)Lüge. Wieso aber tut man das jemandem an, wenn man doch weiss, wie es sich anfühlt, belogen zu werden? Wieso verletzt man Menschen so? Hintergeht sie? Denn schützen tut man sie nie mit einer Lüge - meist nur sich selber und die eigene Feigheit.

Bin ich nun Moralist und überhaupt abgefahren, das nur schon zu fragen? Ist das einfach ein Zeichen der Zeit oder gar der Menschengeschichte und so hinzunehmen? Muss man damit leben, zu denken, dass man ständig und von allen Seiten nur angelogen wird oder zumindest werden könnte? Worauf soll man dann noch bauen?

Dass die absolute Wahrheit und Offenheit auch nicht nur Glück und Freude bringt, weiss man spätestens seit der Traumnovelle - es stellt sich also schon die Frage, wo Offenheit aufhören sollte und wo man besser schweigt. Auf der anderen Seite wird man nur dann wachsen - auch zusammen wachsen, wenn man lernt, Wahrheiten zu ertragen - die eigenen und die der anderen. Auch wenn es vordergründig einfacher und schöner scheint, sich in einer Scheinwelt zu bewegen - für sich und für andere.

Donnerstag, 3. November 2011

Verzeihen

Verzeihen heilt Wunden. Die eigenen vor allem. Indem ich verzeihe, kann ich mit etwas abschliessen, das mich beschäftigt, das mir weh tat, das mich verletzte. Die TRC in Südafrika unter Desmond Tutu hat auf Verzeihen gesetzt, weil man davon ausging, wenn die Menschen, die vorher unterdrückt und traumatisiert waren, verzeihen können, dann können sie in eine Zukunf frei von diesem Trauma schauen. Dann befreien sie sich selber von dem Trauma.

Was aber braucht es, um verzeihen zu können? Sicher zuerst das Zugeständnis, dass wirklich ein Fehler passiert ist. In Südafrika hat man Anhörungen veranstaltet, in denen die Menschen über das, was ihnen passiert ist, reden konnten. Indem sie erzählen konnten, welches Unrecht ihnen widerfahren ist, welche Zustände und Diskriminierungen sie erdulden mussten, welche Gewalt und welchen Verlust auch, sollten sie eine Plattform erhalten, die vorher fehlte und es sollte so ein Zeichen gesetzt werden, dass man ihnen ihr Unrecht anerkennt, sie als Opfer sieht und ihnen diesen Status zuerkennt. Durch dieses Vorgehen sollten sie sich von dem Schmerz befreien können und fortan ohne die vorher plagenden Alpträume, ohne die Nachwirkungen des Traumas in eine Zukunft gehen können. Zudem geht es gerade in solchen staatlichen Fällen auch darum, dass in der Zukunft die vormaligen Opfer und Täter wieder nebeneinander leben können müssen, denn nur so kann die Zukunft in einem Miteinander enden.

Was heisst das nun im Privaten? Was, wenn mir jemand ein Unrecht antut? Was, wenn ich leide, unglücklich bin, Schmerzen habe? Wie komme ich zum verzeihen? Es gibt sicher zwei Faktoren: ich kann dem andern innerlich verzeihen, indem ich für mich meinen Frieden finde mit dem, was passiert ist. Das ist nicht immer einfach, da dabei der andere fehlt, sein Zugeständnis fehlt, das es einem einfacher macht. Wenn er kommt und einsieht, was er getan hat, wenn er bereut, was er getan hat, dann fällt es leichter, zu sagen: Fehler passieren, es war nicht schön, es tat weh, aber ich verzeihe das. Und mit diesem Verzeihen kommt sicher auch ein Stück Ruhe zurück ins Leben. Wenn er aber diese Geste verweigert, weil er es nicht einsieht oder einsehen kann, weil er sich nicht stellt? Es wäre schade, dann auf die eigene Ruhe verzichten zu müssen. Zudem würde man sich ein zweites Mal vom andern abhängig machen und ihm noch einmal die Möglichkeitkeit geben, das eigene Leben zu bestimmen. Schliesslich und endlich habe ich alles, was ich für mich und mein Seelenwohl brauche, in mir drin. Wenn ich für mich hinschauen kann, sehen kann, was passiert ist, auch vielleicht meinen eigenen Anteil daran erkennen kann und annehmen kann, dann bin ich sicher schon einen guten Schritt weiter. Wenn ich dann dahin gehen kann und akzeptieren kann, dass die Vergangenheit war, wie sie war, hinschauen kann, was sie mit mir gemacht hat, bewusst damit umgehen kann, was noch da ist von dem Unrecht, was noch immer betrifft, dann habe ich eine Hürde genommen, indem ich mein Leben selber bewusst anschaue. Und von dem Punkt aus kann ich auch in die Zukunft gehen, denn dann habe ich wieder die Verantwortung für mein Leben übernommen. Ich habe es nun in der Hand, wie es weiter geht. Ich kann bewusst mit meinen Mustern, Prägungen und Wunden umgehen.

Was folgt auf Verzeihen? In Staaten ist es wünschenswert, dass am Schluss alle in Kooperation und friedlich miteinander leben und zusammen weiter gehen. Im Privaten ist das nicht immer einfach und vor allem nicht zwingend nötig. Es gibt den Ausspruch, dass jeder eine zweite Chance verdient hat. Mein Sohn sagt, nicht jeder hätte das verdient, es gäbe auch Taten, die hätten sich die zweite Chance verspielt. Wann eine zweite Chance möglich ist, ist wohl individuell. Vermutlich nur dann, wenn die innere Überzeugung da ist, dass das, was einmal passiert ist, nicht nochmals passiert. Und wenn die innere Wunde nicht zu gross ist. Zeit heilt viele Wunden - ob alle?

Das Problem mit den inneren Wunden ist, dass sie - wenn sie einmal da sind - das Leben generell prägen. Auch die, welche die Wunde nicht verursacht haben, werden damit umgehen müssen, dass der so Verwundete aus Angst, noch mehr Wunden zu erhalten, vorsichtiger wird. Geprägt ist durch die Wunden der vergangenen Zeit. Vermutlich ist Zeit in jedem Fall das Zauberwort. Sich selber die Zeit geben, Sicherheit zu gewinnen, dass keine neuen Wunden geschaffen werden, selber die Sicherheit auch zu haben, dass man mit neuen Verletzungen, die durchaus auftauchen können, umgehen kann und zu wissen, dass man fähig ist, durch Verzeihen selber wieder auf die Beine zu kommen.

Dienstag, 1. November 2011

Die weisse Weste Österreichs

Atomkraft - ja oder nein? Die Diskussion erhitzt die Gemüter seit langem. Spätestens seit Fukushima haben sich auch die letzten befürwortenden Parteien der Schweiz gegen die Atomkraft ausgesprochen und Alternativen werden gesucht. Zwar sind nicht alle ganz überzeugt und einige denken, ganz so schlimm könne es ja doch nicht sein und die Schäden wären immer bei den andern, nie bei einem selber. Trodtzem werden Alternativen immerhin ins Auge gefasst und es ist sich jeder einig: mittel- bis langfristig müssen neue Lösungen her.

Schön, wenn man da einen tollen Nachbarn hat, der mit gutem Beispiel voran geht. Österreich macht vor, was die Welt gerne möchte: Überleben ohne Atomstom. Kein Atomkraftwerk ist auf seinem Boden zu finden, aller Strom wird anders gewonnen. Österreich streicht diese Paraderolle gerne heraus, sind sie doch Vorreiter auf einem Weg, den die anderen noch vor sich haben.

Ganz anders sieht es in Tschechien aus. Da sieht man Atomkraftwerke mit vier grossen Türmen, welche alle fleissig vor sich hinqualmen. Nun kann man sagen, das sind Sünden der Vergangenheit, das ändert bald. Und ja, es wird ändern. Wo heute vier Türme sind, stehen bald acht Türme... man baut aus. Wieso? Es gibt Interessenten für den Strom, so dass man mit den momentan vier Türmen nicht mehr ausreichend produzieren kann. Wer der Interessent ist? Österreich... unser nobler Vorreiter ohne AKWs. Aber das weiss natürlich niemand. Das versteckt man unter der weissen Weste, da schaut niemand drunter. Und wenn doch?? Darüber denkt man dann nach, wenn es soweit ist...

Montag, 31. Oktober 2011

Beziehungsende

Als ich so über meinen Blog nachdachte, musste ich feststellen, dass die Themenwahl etwas sehr gefühlsduselig ist. Irgendwie muss das ein Ende haben. Diese olle Sentimentalität hinterlässt sonst Schleimspuren im Netz und die könnten zu mir zurück verfolgt werden. Das wäre mir gar nicht recht. Man würde sich mich dann als in rosa Kleidchen gekleidetes Romantikweibchen vorstellen, das sich seinen Gefühlsduseleien anheim gibt.

Nein Nein Nein

Darum habe ich beschlossen, mir ein Beziehungsende aufzuerlegen. Meine Beziehung mit Gefühlsduseleien hat ab heute ein Ende, ich wende mich nun fortan neuen Themen zu. Tja, das Leben ist hart, ich bin es auch: ran an den Speck :)

Literaturtipp: Harry Mulisch - Das Attentat

War jeder schuldig und unschuldig? War die Schuld unschuldig und die Unschuld schuldig?


Als kleiner Junge muss Anton miterleben, wie seine Eltern und sein Bruder umkommen, wie sein Zuhause in Flammen aufgeht. Er geht durch die Mühlen der Nazis und kommt schliesslich zu seinem Onkel, wo er aufwächst. Der Krieg ist bald in weiter Ferne, keine Erinnerung, keine rede mehr davon. Anton studiert Medizin, lebt sein Leben unpolitisch, ohne Zeitung, ohne Nachrichten, ohne Teilnahme am aktuellen Geschehen.

Schweigt die Vergangenheit auch vordergründig, so schwelt sie doch im Innern weiter, trägt ihre Früchte, prägt Antons Sein:

„Wenn er über die Zeit nachdachte, was er manchmal tat, sah er die Ereignisse nicht aus der Zukunft kommen und durch die Gegenwart in die Vergangenheit gleiten, sondern aus der Vergangenheit kommend sich in der Gegenwart entwickeln und auf eine ungewisse Zukunft zubewegen.“(169/170)

Über die Jahre hinweg wird Anton immer wieder mit der Vergangenheit konfrontiert und langsam vervollständigt sich das Puzzle der verhängnisvollen Nacht und Anton kriegt Einblicke in das, was wirklich vorgefallen ist.

Ein Buch über Schuld, Unschuld, Wahrheit, Täter und Opfer. Es zeigt auf, dass die Grenzen verschwimmen und klare Zuteilungen nicht möglich sind.

Alle taten, was sie taten - aus der Zukunft ein Urteil über die damals Handelnden zu fällen ist oft schwer wenn nicht unmöglich.

Mehr als nur vier Wände - wir gehen tiefer

Meine Interpretation eines Lieds...und des Lebens

Schon als Kind musste man merken, dass im Leben alles vergänglich ist. So lange man auch an etwas baut, so lange man sich auf etwas einlässt - irgendwann geht es wieder kaputt, wird weggeputzt wie eine Sandburg vom Meer.

Was früher Sand, sind später Träume, Konzepte vom Leben. Man definiert sich sein Leben, wie es aussehen soll, was man sich wünscht. Oft werden diese Wünsche nicht unwesentlich von romantischen Bildern aus Filmen geprägt. Wir wünschen uns die romantisch schöne Liebe aus dem Bilderbuch, das dazugehörige Gesamtpaket von Friede Freude Eierkuchen inklusive. Leider hält das selten lange an, es sind meist Luftschlösser, die so entstehen, die dann beim kleinsten (im besseren Fall auch erst bei einem grösseren, aber immerhin...) Sturm einstürzen. Wieso sie nicht halten? Weil sie auf Wolken von Idealen gebaut wurden, statt auf Beständigkeit und Fundamente. Weil sie aus falschen Motiven etstanden, so dass die Basis nicht stabil war. Was ist eine Basis einer Beziehung, die hält? Liebe? Träume? Romantik? Familie? Wünsche? Die helfen sicher bei der Suche und vor allem die Liebe ist grundlegend, aber nicht ausschliesslich und nicht hinreichend. Hinreichend fundamental ist nur die Entscheidung, wirklich eine Beziehung leben zu wollen und die Entscheidung, diese Beziehung aufzubauen, auszubauen und daran zu arbeiten. Beziehungen sind nie selbsterhaltend. Sie sind wie Pflanzen. Sie brauchen Wasser, Pflege, Sonne, Luft, Zuwendung...

Und wir merken, dass dieses Leben immer wieder einstürzen wird. Es ist schön, es ist berauschend, es wirkt frei, offen, lebendig. Hat viele Höhen, noch mehr Tiefen, um dann wieder mit neuen Träumen emporzusteigen in den Himmel und wieder Himmelsmieter zu werden. Die Kartenhäuser türmen sich höher und höher, bis sie einstürzen - und man wieder aus dem Himmel fällt.

Irgendwann durchschaut man das Spiel. Sitzt da und zieht Bilanz. Sitzt da und weiss: diese ach so schönen Luftschlösser, sie sind schön - weil sie Ideale sind. Weil sie nicht real sind. Phantasien sind immer phantastisch, weil man sie in Farben zeichnen kann, die die Realität nicht kennt, nur wünscht. Die Bilder, die ich mir vorstelle, sind immer ein wenig bunter, ein wenig aufregender. Sie zu realisieren würde Ihnen den Glanz nehmen - doch dessen ist man sich im Moment nicht bewusst. Doch wenn man sich dessen bewusst wird, geht man daran, hinzusehen: was will ich im Leben? Und wenn man noch den richtigen Menschen findet, merkt man: eigentlich will ich mehr. Es soll nicht bunter, schöner, höher, besser sein. Es soll mehr sein als all das, denn die Realität ist mehr als das. Sie hat ein Fundament und sie trägt. Etwas, das man eigentlich suchte in all den Schlössern, die nicht für die Ewigkeit gebaut waren, weil das Material flüchtig war.

Dabei geht es nicht mal um Sicherheit - die hat man nie im Leben, sondern es geht darum, nicht mehr für den Moment und aus dem Moment heraus zu bauen. Es geht darum, sich zu entscheiden und ein Entscheid trägt Beständigkeit in sich.

Es sollen nicht nur Bilder sein, nicht nur Imaginationen, sondern es soll Tiefe sein, Tiefe, die sich öffnet und die bleibt.

Beziehungen sind immer vielschichtig, sie sind himmelhochjauchzend, bestehen aus Liebe und Lust, sie sind immer auch Hoffnung, Hoffnung auf Glück, auf Erfüllung. Nie aber darf man vergessen, dass mit all dem Schönen immer auch das Negative kommt. Alles hat seine Kehrseiten. Sie auszublenden hiesse, in den Traumschlössern zu verweilen. Nur wenn man das Ganze annimmt und allem seinen Platz zuweist, kann eine Beziehung bestand haben. Die Tiefen durchwatet man, um dann wieder aufzusteigen in die Höhen der Schönheit.

Schön, welche Tiefe und Weisheit in manchen Liedern steckt - man muss nur genauer hinhören. Meine Hochachtung an Herrn Jürgens - man mag seine Musik mögen oder nicht, die Texte sind in ihrer Poesie, in ihrer Philosophie und in ihrer Sprachgewalt und Sprachbeherrschung genial.

Eine Ode an die Beständigkeit

Als ich kürzlich etwas genauer hinhörte, fand ich bei Udo Jürgens einen wunderschönen Text, der mich berührte in seiner Tiefe, in seiner Wahrheit, in seiner Sprachschönheit auch.

Als Kinder bauten wir Burgen aus Sand,
Die uns das Meer - bald wieder nahm,
Später wurden es Schlösser auf Wolken,
Sie stürzten ein - als der Sturm aufkam...

Wir lebten in Räumen aus eigenen Träumen
Und legten den Boden mit Plänen aus.
Wir wohnten zur Miete im Himmel - und lachten -
Wir bauten - unser eig'nes Kartenhaus...

So war es damals,
Setz' dich zu mir her,
Ich will dir was sagen:
Mit dir will ich mehr...

Mehr als nur vier Wände,
Mehr als Sicherheit.
Wir bauen auf das Gestern
Schon heut' die Ewigkeit!

Mehr als nur vier Wände,
an die man Bilder hängt.
Ein Haus wie deine Seele,
An die man ewig denkt...

Ein Treppenhaus, hoch wie der Regenbogen,
Ein Zimmer aus Liebe - ein Ballsaal aus Lust!
Ein ganzer Flügel aus endloser Hoffnung,
Ein verborg'nes Verlies - für Trauer und Frust...

Ein Garten voller Freunde, eine Festung aus Lachen,
Ein Himmelbett für all das, was nur uns angeht!
Ein Schloß in den Wolken, in der Sehnsucht verankert,
Dort, wo das Licht - der Sonne entsteht...

So war es damals,
Setz' dich zu mir her,
Ich will dir was sagen:
Mit dir will ich mehr...

Mehr als nur vier Wände,
an die man Bilder hängt.
Ein Haus wie deine Seele,
An die man ewig denkt...

Ein Turm aus Edelstein - ein Ort zum Glücklichsein,
Ein ganzes Paradies - das uns der Himmel ließ...

Mehr als nur vier Wände,
Mehr als Sicherheit.
Wir bauen auf das Gestern
Schon heut' die Ewigkeit!

Mehr als nur vier Wände,
an die man Bilder hängt.
Ein Haus wie deine Seele,
An die man ewig denkt...


Schön, wie er die eigenen Wünsche und Träume beschreibt, als Himmelsschlösser, sie in die Realität holt mit den Bildern an den Wänden. Schon diese sind beständiger als die Luftschlösser. Wenn er nun mit dem andern noch mehr will, dann zeugt das von einem tiefen Wunsch nach Bestand - er spricht gar von Ewigkeit.

Träumen wir nicht alle davon? Von Heimat, von Ankommen? Möchten wir nicht zuhause sein und in diesem Zuhause wissen: hier sind wir sicher, hier gehören wir hin? Dieses Zuhause hat sicher nicht nur die schönen Seiten, man könnte ihm auch Attribute wie Langeweile (Alltag), Eingeschränktheit (nicht mehr ganz frei) zuschreiben. Ab und an kommt man im Zuhause an einen Punkt, ausbrechen zu wollen, weil man denkt, das sei nicht mehr das, was man mal wollte, es gäbe noch mehr da aussen. Aber schliesslich und endlich wird uns diese Sehnsucht immer wieder einholen.

Es führt wohl kein Weg daran vorbei, sein Zuhause zu finden, zu erkennen, es zu beziehen und es sich so einzurichten, dass es für einen stimmt. Dass man ja sagen kann zu dem, was schön ist, dass man deswegen das in Kauf nimmt, was nicht ganz optimal ist, im Wissen, dass der andere Zustand ohne Zuhause noch schlimmer wäre - weil nur im Zuhause man ganz bei sich und ganz in der Ruhe ist. Alles im Leben hat immer zwei Seiten. Nur wenn man beide annimmt, ist das Leben ganz. Lehnt man Teile ab, wird man immer in einem Zerrissenheitsgefühl leben, nie wird es ganz stimmen.

Dieses Zuhause kann viele Qualitäten haben: es kann ein Ort sein, ein Mensch, ein Gegenstand, ein Gefühl, eine Tätigkeit - etwas, in dem man selber aufgeht, das das eigene Leben in einem Punkt bereichert, komplettiert.

Und während ich das schreibe, hat Udo Jürgens weiter gesungen und singt gerade über jemanden, der da ist, dessen Hand Wunden heilt, der nicht nach Sinn oder Grund fragt, sondern einfach ein Licht bringt ins Dunkel. Schön, wenn im Zuhause ein Licht brennt...

Sonntag, 30. Oktober 2011

Diskriminierte Schweiz

Ich verteidige mich nun nicht mehr - es wäre kaum mehr glaubwürdig -, aber: nirgends findet man auch soo tolle Schlagzeilen wie hier:

Blick: Wo waren die Brüste?

Ich meine, man stelle sich eine NZZ mit so einer Schlagzeile vor? Wie würden sich die armen Herren der selbsternannten Intelligentia beherrschen, wenn sie das im Erstklassabteil der SBB lesen würden? Nein, das ginge gar nicht. Nun möchte ich aber nicht darüber schreiben, wer was wann liest und wie er sich dabei beherrscht, sondern mir kam ein anderer Gedanke bei dem Artikel:

Überall protestieren diese Damen entblösster Oberweite für ihre Ideen und für ihre Prinzipien. Nur in der Schweiz entblössen sie sich nicht. Nun ist die Schweiz ein offensichtlich kleines Land - quasi eine Minderheit. Kann man nur also dahin gehen und sagen: die Schweiz ist eine unterdrückte Minderheit? Alle kamen sie in den Genuss, nur wir nicht? Könnte man dagegen klagen? Unterdrückung? Diskriminierung? Müssten nicht immer alle dieselben Reche haben?

Wo hören Rechte auf? Wo fangen Pflichten an? Was ist Gleichbehandlung und wann darf sie eingefordert werden? Heisst Gleichbehandlung immer, alle gleich zu behandeln oder müssten die entsprechenden Bedürfnisse und Möglichkeiten ein- und aufgerechnet werden?

Und so kommt man von blanken (oder eben nicht) Frauenbusen zu Grundfragen der Gerechtigkeit und wird vom Blick zu Grundsatzfragen demokratischer und gerechtigkeitspolitscher Art gebracht. Wundersame Welt :)

Samstag, 29. Oktober 2011

Es geht mir gut

Es gibt Tage, da steht man auf, mit einem bestimmten Gefühl in sich: Das wird ein guter Tag. Mir geht es gut. Der Blick nach draussen bestätigt dies noch, die Sonne scheint, im Wasser spiegeln sich die farbigen Herbstbäume, kleine Dörfchen schwingen sich pitoresk die grünen Hügel hinauf. Eine Fahrt in die Berge macht das Paradies perfekt: die Autobahn gesäumt von mit Herbstlaub behangenen Bäumen, dahinter in Schnee getauchte Berge, die sich gegen den Himmel recken, die heimischen Berge, die immer näher kommen. Bald fährt man ins Dorf, das seit Kindertagen Heimat bedeutet, fährt über den Bach, den Berg hinauf, ins nächste Dorf, das mit Fug und Recht als das Schönste der Welt bezeichnet werden kann. Nur schon die kleine Kirche am Eingang steht da wie gemalt, die Holzchalets drum herum runden das BIld ab. Ja, es ist ein guter Tag und ich fühle mich privilegiert, in einer so schönen Gegend zu leben. Ein Blick aus dem Fenster zu Hause lässt schon Bilderbuchromantik zu, ein paar Schritte vor die Tür und man steht in einer Märchenwelt.

Wieso aber sieht man das nicht immer? Wieso gibt es Tage, die grau scheinen? Wieso Tage, an denen man denkt, die Welt sei gegen einen, es ginge alles schief? Ist es nur die eigene Optik, eine Unzufriedenheit, die dann den Blick auf die negativen Dinge werfen lässt? Zieht Energie Energie an? Wenn ich mich schlecht fühle, ziehe ich das Schlechte an, fühle ich mich gut, kommt all das Gute zu mir?

Ich denke, es ist normal, dass nicht jeder Tag der Beste des Lebens sein kann. Es ist auch klar, dass es Tage gibt, die man lieber streichen würde, wo alles eher schief läuft. Trotzdem denke ich, sollte man nie vergessen, welches Privleg man im Leben hat. Nur schon in dem Land geboren zu sein, in dem wir leben, ist ein ganz grosses Privileg, von dem viele Menschen träumen würden. Der Umstand, dass ich meine Gedanken in einen Computer tippen kann, bedeutet, dass ich mir einen solchen (und dazu noch einen schönen :D) leisten konnte. Dass der Text am Schluss im Netz steht, spricht dafür, dass ich Internet habe und noch damit umgehen kann. Und etwas, das man nie vergessen darf: ich hatte das grosse Glück im Leben, eine wirklich tolle Bildung geniessen zu dürfen. Hatte die Möglichkeit, all das zu lernen, was ich lernen wollte, konnte meinen Weg durch die Schulen machen. Wie vielen Kindern ist nur schon ein Bruchteil davon versagt?

Damit möchte ich nicht dafür plädieren, fortan mit seligem Lächeln durch die Welt laufen zu müssen, weil wir ja so glücklich sind. Auch in unserer Welt gibt es Probleme, grosse Probleme - relativ grosse. Die Relation misst sich immer am gewohnten Lebensumfeld. Das macht den direkten Vergleich mit anderen Umfeldern obsolet. Aber vergessen sollte man diese nicht. Und vielleicht doch ab und an ein wenig Dankbarkeit spüren für das, was man alles hat, wenn all das drückt, was man gerade nicht hat oder vermisst.

Es geht mir gut. Ja, das tut es!

Freitag, 28. Oktober 2011

Musik

Es gibt Lieder, die erinnern einen an die erste Liebe, an den ersten Kuss, die erste Begegnung. Oft verbinden wir Musik mit sinnträchtigen Momenten unseres Lebens. Wenn wir dann später das bestimmte Lied hören, denken wir an den Moment, an den Menschen zurück. Ich habe viele solche Lieder. Ich verbinde viele Momente im Leben mit Liedern oder die Lieder mit den Momenten.

Es gibt aber auch Momente, in denen ein Lied läuft, das genau zu dem entsprechenden Moment passt. Zufall? Wenn man kurz vor einer ungewollten Trennung steht und im Radio Chicagos "If you leave me now" läuft? Oder "If you go away"?Wenn einer einen Hochzeitsantrag machen will und Eros singt "Ti sposero"? Nur Zufall? Oder doch mehr?

Aussen und Innen - immer kehrt es wieder: was bedingt das andere? Was ist Huhn und was Ei? Was war zuerst, was folgte? Nehmen wir im Aussen nur bewusster war, was gerade innen abläuft oder ziehen wir im Aussen an, was wir im Innen leben, fühlen, sind? Folgt Energie Energie oder aber Aufmerksamkeit den eigenen Befindlichkeiten?

Rein rational argumentativ lassen sich beide Varianten sinnvoll erklären. Hinreichend begünden. Wo liegt die Wahrheit?

Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt

Zweiter Teil - als ich den Satz las, kam mir die Zweideutigkeit der "Gründe" in den Sinn.

Ein Grund kann eine Ursache sein, etwas, das dem andern zu Grunde liegt, eine Kausalität begründet. Heidegger schrieb in seinem Werk "Der Satz vom Grund", dass nichts ohne Grund ist. Das bedeutet, dass alles, was ist, einen Grund hat, zu sein, was es ist, wie es ist, sogar: dass es ist. Das entspricht in etwa Aristoteles' erstem unbewegten Beweger - mit einer Ausnahme, wie wir sehen werden. Aristoteles vertritt die Idee, dass alles Bewegte einen Beweger hat, sprich: alles, was sich bewagt, wird von etwas anderem bewegt. Dieses bewegt sich, indem es bewegt, selber, so dass es auch wieder einen Beweger braucht. Und so geht die Aristotelische Bewegungskette weiter und weiter bis hin zu einem ersten Beweger, der selber unbewegt ist. Thomas von Aquin hat den dann aufgegriffen und Gott genannt in seinen Gottesbeweisen (welche streng logisch gesehen keine Beweise waren - ich könnte noch mehr davon schreiben, lasse das aber an der Stelle).
So weit, so gut. Nun hat also das Herz Gründe. Gründe, etwas zu tun, zu wollen, zu fühlen. Worin liegen diese Gründe begraben? Und was ist das Herz überhaupt? Das Wesen des Menschen? Die Seele des Menschen? Sein Innerstes? Die Psyche? Worin besteht der Unterschied von Seele und Psyche? Und sind sie zuinnerst oder gibt es noch eine Schicht tiefer etwas, das quasi Grund der beiden ist? Und mit der Frage kommen wir der zweiten Bedeutung von Grund näher:

Grund als Abgrund. Welche Abgründe tun sich auf, wenn man in das Herz blickt? Manch einer hat Angst, genau hinzusehen, weil er eben Tiefen befürchtet, mit denen er überfordert wäre. Er weiss nicht, wie damit umgehen, weil alles nicht wirklich fassbar ist und wer schon mal wirklich und tief liebte, weiss, was dieses Gefühl mit einem anstellen kann. Er weiss, wie ausgeliefert man ihm sein kann und oft verursacht das Angst. Und aus dieser Angst heraus versucht man, zu mauern. Und doch wird man es nie ganz schaffen, alle Gefühle abzutöten. Sie werden sich immer wieder einen Weg nach oben erkämpfen und man wird sie spüren, auch wenn man dagegen ankämpft. Man kämpft dagegen an mit dem Verstand, mit Argumenten. Und dann ist es wieder da: das Herz - und es spricht. Und man geht wieder dagegen vor - und wieder spricht es. Aus seinen Abgründen heraus. Weil es Gründe hat.

Nun stellt sich aber die nächste Frage: Der Satz, wie er da steht, ist nur eine Übersetzung eines französischen Ausspruchs von Blaise Pascal: Le coeur a ses raisons que la raison ne connaît point.

Da steht gar nichts von Gründen, da wird dem Herzen ein Verstand, eine Logik zugesprochen. Das folgt dann in der nächsten Fortsetzung. Dann werde ich auch auf die Problematik von Übersetzungen und deren Interpretationen eingehen.

Donnerstag, 27. Oktober 2011

We proudly present

Mein Werk

Was lange währt, wird endlich gut - könnte man sagen :D

Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt

Heute stolperte ich über einen Spruch, den ich schon lange mit mir trage, der mir in vielen Situationen immer wieder begnet ist - und heute eben wieder. Es wird Zeit, ihn gründlicher anzuschauen. Da ich denke, dass der wirkliche Sinn sich nicht an einem Tag, in einem Augenblick erschliesst, werde ich das in Etappen tun.

Der erste Gedanke zu dem Spruch:

Höre auf dein Herz, denn es kennt Wahrheiten, die der Verstand nicht erfassen kann. In deinem Herzen ist vieles von dir drin, das du nicht benennen, nicht wirklich erkennen kannst, das aber dich und dein Fühlen, Denken, Handeln ausmacht. Dein Herz kennt Antworten, die du mit allen Argumenten nicht geben kannst. In dem Zusammenhang lässt sich auch der Fuchs im kleinen Prinzen zitieren: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Als Kopfmenschen, wie wir es heute oft sind, versuchen wir, die Welt mit dem Verstand zu erfassen. Wir versuchen alles, was uns begegnet, verstandesmässig einzuordnen, zu qualifizieren und danach zu handeln. Das ist durchaus sinnvoll, da wir so auch gewisse Lerneffekte nutzen können und nicht ständig dieselben Fallen neu beehren. Es gibt aber sicher auch Bereiche, in denen der Verstand mehr Unruhe stiftet als Klarheit bringt. Gerade in Liebesdingen ist dies der Fall. Nun wäre ich die letzte, die sagt, man solle den Verstand ausschalten, nie. Aber: zuerst muss das Herz sprechen. Sagt es ja, folge ihm. Der Verstand kann dann ab und an als Kontrollinstanz einspringen, grundsätzlich ist es aber nicht sein Bier (wundervolle Theorie).

Grundsätzlich denke ich - und lese aus dem Spruch wie aus der Aussage des Fuchses: Wenn dein Herz dir etwas sagt, folge ihm. Dein Herz hat Gründe und die liegen tief in dir, sind quasi deine Kernbedürfnisse. Ihnen zu widersprechen hiesse, dich in deinem Kern zu verneinen.

Fortsetzung folgt...

Wettrennen

Beim stöbern durch die Medienlandschaft (das klingt immer noch besser, als wenn ich schriebe: als ich den Blick las) stiess ich auf eine Nachricht, wonach in der Schweiz immer öfter Menschen Schlange stehen, um Läden als erste zu stürmen.

Früher hauptsächlich bei Appleshops (ok, einigermassen nachvollziehen, wenn denn) greift das Tun um sich und so sieht man bei Neueröffnungen oder bei Ankündigung bestimmter Aktionen Menschentrauben vor der Tür stehen und warten, bis diese sich öffnet.

Was hat es auf sich damit? Wieso will man als erster in einem neu eröffneten Laden stehen? Sieht der am ersten Tag zur ersten Minute anders aus als nachher? Damit man sagen kann: ich war vor dir drin? Hofft man, als erster Besucher in der Ortspresse zu erscheinen, am Besten noch mit Bild (Gott bewahre, Grund genug, das nicht sein zu wollen)? Vielleicht übt man auch für einen neuen Eintrag ins Guiness Buch: die meisten Läden als Erster gestürmt. Oder man hofft auf ein Willkommenspräsent?

Vielleicht hat das gemeinsame Anstehen auch etwas Verbindendes und man sucht so die Kontakte der Mitmenschen, indem man gemeinsam dastehen , ungeduldig warten , die Ungeduld mit ein paar spassigen Bemerkungen überdecken kann. Oder man war nur ganz zufällig da (so wie ich immer zufällig den Blick lese) und musste Kraft tanken, deswegen blieb man stehen - und just öffnete die Tür, so dass man dachte: "Wenn ich schon mal hier bin, kann ich auch gleich rein."

Oder man denkt, wenn ich heute nicht rein gehe, ist er morgen weg und ich hätte die Chance meines Lebens verpasst? Könnte nicht sagen, dass man auch drin war, als er noch stand, was die nun verpasst hätten, die eben nicht drin waren?

Irgendwie scheint mir, dass das, was früher mal verpönt war, heute in wird. Früher machte man seine Spässchen über die Omas, die morgens um Viertel vor acht schon vor der Migros standen und wartete, dass die eine Viertelstunde später öffnet. Heute ist es cool, wenn man das macht. Oder ist Saturn cooler als Migros? (ok, Apple ist cooler....ich möchte aber betonen, ich stand auch da noch nie vor der Tür, um reinzustürmen).

Und nun - hier kommt die Antwort, wieso es so ist: Ich habe keine Ahnung. Ich begreife es schlicht nicht. Ich habe ohne Anstehen noch jede Aktion gekriegt, die ich wollte (oder will ich nur das, was niemand sonst haben will???), war noch in jedem Shop, den ich betreten wollte - nicht als Erste, aber der stand auch nach einem Tag noch genau da, wo er am ersten Tag stand.

Um Antworten wird gebeten, ich möchte doch auch verstehen...

Loslassen

"Wenn du etwas liebst, lass es los. Kehrt es zu dir zurück, gehört es zu dir."

So oder ähnlich geht ein bekannter Spruch. Im ersten Moment ist man versucht, zu sagen: wieso geht es denn weg, wenn es zu mir gehört? Doch genau da liegt wohl das Problem. Wenn wir etwas lieben, versuchen wir es krampfhaft zu halten. Wir denken, ohne das (oder den) nicht leben zu können oder wollen, haben grosse Angst, genau das (oder den) zu verlieren.

Sehen wir die Liebe in Gefahr, kriegen wir Angst. Aus dieser Angst heraus klammern wir uns an das Geliebte. Wird die Angst grösser, fangen wir an, um uns zu schlagen, versuchen alles nur erdenklich mögliche, nur nicht das einzig rational Richtige: loslassen. Wir können nicht erzwingen, wer mit uns zusammen sein will. Wir können dessen Liebe weder erzwingen noch beeinflussen. Was wäre das für eine Liebe, wäre der andere nur da, weil wir es uns so wünschen?

Indem wir nun krampfhaft etwas zu halten versuchen, entfernen wir uns von uns selber, weil wir in einer Weise agieren, die uns gar nicht entspricht, einfach, weil wir aus einer Angst heraus um uns schlagen. Genau so werden wir aber das, was wir lieben, verlieren, weil dieses uns nicht mehr erkennt, plötzlich etwas gegenüber steht, das es so nie wollte.

Wenn das Geliebte weg ist, sehen wir uns in unserer Angst bestärkt. Wir denken, dass die Angst begründet war, wir nur zu wenig getan haben, es zu halten. Aber genau das Gegenteil ist der Fall: wir haben zu viel - und vor allem das Falsche - getan.

Leider ist man im Ernstfall selten kühl denkend und rational. Die Emotionen kochen hoch, die Gefühle schlagen Purzelbaum, das Innerste dreht sich einmal um die eigene Achse, um danach wie nach einer Achterbahnfahrt völlig zerzaust und durcheinander wieder runter zu kommen. In der Situation wäre es gut, erst durchzuatmen, tief Luft zu holen, alles wieder zur Ruhe kommen zu lassen - und dann nachzudenken.

Wir arbeiten daran - denn schliesslich: Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Besserung :)

Was aber trotzdem zu bedenken ist: niemand ist perfekt. Es sind gerade die kleinen Schwächen, die einen Menschen ausmachen. Und je besser man den Menschen kennt, desto besser kann man damit auch umgehen - wenn man ihn nur liebt. Und das eben auch will. Wenn man ihn an den Schwächen aufhängt, dann ist man wohl auch selber nicht bereit. Denn vielleicht fürchtet man dann auch die eigenen Schwächen - und daran aufgehängt zu werden. Das wäre dann aber keine Liebe, denn Liebe ist nachsichtig und verzeiht. Nicht alles, aber viel.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Des Schweizers Schweiz

Ich gebe zu, ich habe es wieder ganz per Zufall gefunden (ok, langsam glaubt das niemand mehr - also: lese Feindes Nachrichten, dann schätzt du die eigenen :D ). Und zu meiner Verteidigung, ich habe den Artikel nicht gelesen, nur den Titel...

Die Schweizer mögen die Schweiz nicht mehr

Was ist falsch an Parolen für das Land? Agieren die Schweizer frei nach dem Motto, dass der Prophet im eigenen Land nichts taugt und glauben nicht mehr an eine gute Zukunft? Stehen sie - SVPlern befürchten es - den ausländischen Hilfsprojekten näher als dem eigenen Leid? Wieso unterstützen die Schweizer keine die Schweiz unterstützenden (oder es zumindest sagenden) Parteien?

Vielleicht hat es sich irgendwann mal ausgeschweizt, wenn man sieht, wie die gegen Ausländer schimpfenden Politiker in ihren eigenen Betrieben viele solche engagieren? Wie diese ins Ausland expandieren und von dessen Konditionen profitieren?

Vielleicht vertreten einige dieser Parteien auch zu veraltete Werte, denen heute kaum mehr wer zustimmen kann? Selbst wenn Frau am Herd bleiben wollte, reicht oft das Geld nicht für diesen Stehplatz, sprich, die gute Hausfrau ist gezwungen, den Herd zu verlassen, um Brötchen auf den Tisch zu bringen.

Vielleicht ist eine Wirtschaftspartei in Zeiten der bröckelnden Wirtschaft auf verlorenem Posten und kann sich noch so für eine Schweiz einsetzen, wenn der Normalbürger in der Presse nur von Wirtschaftsuntergang und Bankenkrisen liest? Vermutlich will er dann die Vertreter derselben nicht noch unterstützen?

Und auch die christlichen Werte scheinen am bröckeln, was nach dem Kirchenbesetzersterben nicht verwundert. Wieso? Weil auch da nicht mit der Zeit gegangen wird?

Die Frage, die sich stellt: ist wo nicht Schweiz drauf steht nicht doch Schweiz drin? Ist "ich bin für die Schweiz" für eine Schweizer Partei eine aussagekräftige Botschaft oder bräuchte es nicht vielleicht ein wenig mehr, um zu punkten? Wäre es italienischer Wahlkampf und einer schriebe: "Ich setze mich für eine leistungsstarke Schweiz ein" wäre dem ganz klar zuzujubeln. Aber für eine Schweizer Partei wäre das ja eigentlich normal. Was sonst sollen unsere Politiker machen, als für den Erhalt unseres Landes dazusein?

Vielleicht können wir das Wahlergebnis als gute Nachricht sehen: die leeren Worte verlieren Wirkung, Inhalte sind gefagt - wirkliche Inhalte.

Und dann haben sich die Schweizer wieder lieb und wählen auch die Politker, die die besten Inhalte präsentieren. (Ich enthalte mich hier der Meinungsäusserung, wer das sein soll - denn deren Freiheit beinhaltet auch deren Enthaltung :) )

Das Leben - im Innen und im Aussen

Thomas Mann sagte einmal, dass er, wenn er schreibt, überall auf Dinge und Themen stösst, die mit seinem Schreiben zu tun haben. Das Thema seines Schreibens wiederholt sich im Aussen. Oft erkennen wir im Aussen etwas wieder, das uns im Innern umtreibt. Heute gefunden: ein Lied von Udo Jürgens:

http://www.youtube.com/watch?v=N3r2MBtIUgI

Der Text dazu:
Du sagst, du bist frei
und meinst dabei
du bist alleine.
Du sagt, du bist stark
und meinst, du hast
noch ein paar Träume.
Jeder Blick aus deinen Augen
ist ein stummer Hilfeschrei -
mir geht es genau wie dir,
du kannst ruhig ehrlich sein.

Du sagst, dir geht's gut,
jedoch das klingt
bei dir so bitter.
Wenn ich dich berühr',
ist mir als spür'
ich, daß du zitterst.
Deine Seele ist voll Narben,
du hast Angst, sie brechen auf.
Vergrab' dich in meinem Arm,
ich schütze dich
so gut ich kann.

Gib' mir deine Angst,
ich geb' dir die Hoffnung dafür.
Gib' mir deine Nacht,
ich geb' dir den Morgen dafür.
Solang' ich dich nicht verlier',
find' ich auch einen Weg mit dir.

Schau' mir ins Gesicht,
ich suche dich
in deinem Schweigen.
Noch fällt es uns schwer,
das was wir fühlen,
auch zu glauben.
Doch ich will mit dir versinken,
bis uns beide nichts mehr trennt.
Und wenn dich die Kraft verläßt,
vertrau' auf mich
und halt' dich fest.

Gib' mir deine Angst,
ich geb' dir die Hoffnung dafür.
Gib' mir deine Nacht,
ich geb' dir den Morgen dafür.

Gib' mir deine Angst,
ich geb' dir Gewißheit dafür.
Gib' mir deinen Traum,
ich geb' dir die Wahrheit dafür.
Solang' ich dich nicht verlier,
find' ich auch einen Weg mit dir.

Gib' mir Zuversicht,
die all meine Zweifel besiegt.
Gib' mir das Gefühl,
daß es ein Zuhaus für mich gibt.

Gib' mir deine Angst,
ich geb' dir die Hoffnung dafür.
Gib mir deine Nacht,
ich geb' dir den Morgen dafür.

Solang' ich dich nicht verlier,
find' ich auch einen Weg mit dir
mit dir
mit dir
mit dir

Eigentlich wäre der Blog dazu da, meine eigenen Gedanken niederzuschreiben, allerdings: wenn er es schon so perfekt getan hat? Was soll ich noch? Wiederholen, dass ich oft Angst habe? Meine Freiheit liebe und sie sich doch oft so einsam anfühlt? Von Träumen fasle und doch oft Leere spüre? Nach Halt mich sehne und doch immer stark sein muss? Und überhaupt: wenn ich all das zugäbe, wären da nicht all die, welche sich freuen würden über die Schwäche, über das Versagen? Muss man nicht ständig stark sein, Haltung bewahren, lächeln, sagen: es geht mir gut... Und wenn einem wer ans Bein pinkelt, das zweite Bein hinhalten? Um ihm ja keinen Triumph zu gewähren, sondern Oberhand zu behalten.

Und dann? Kommt man heim. Ist allein. Die Haltung fällt. In sich zusammen. Zurück bleiben Leere, Einsamkeit, Schwäche. Und ein nasses Bein. Wie gut klangen Freiheit, Träume und Haltung.

Und dann möchte man aufspringen, sagen: lasst mich alle in Ruhe, ihr Beinpisser, verpisst euch und entleert euch wo anders. Bleibt mir vom Leib und kommt nie mehr wieder. Und man hofft, durch diesen Rundumschlag zur Ruhe zu kommen. Für sich, im Leben. Man hofft, dass dann Erleichterung eintritt. Und kurz kommt auch ein Triumph auf, man fühlt sich stark, man hat etwas bewegt. Hat sich behauptet. Man war so frei...

Udo singt von einer Seele voller Narben, bei denen man fürchtet, sie brechen auf. Leider tun sie das meist durch die Menschen, die einem nahe gehen. Und genau die sind es ja, in deren Arme man sich vergraben möchte. Und genau die sind es, die einen am tiefsten treffen können. Und damit neue Wunden kreieren, aus denen wieder Narben werden. Und irgendwann wird die Angst so gross, dass man von vornherein mauert, um ja keine Wunden zulassen zu müssen. Und wenn man nur die Möglichkeit einer Wunde sieht, geht man zum Mauerbau über, macht zu. Und verbaut sich wohl damit die Arme...

...ich bin so frei...

Der Sünder und das Opfer - oder: was ist fair?

Manchmal tut man was im Leben, unbedacht vielleicht, aus einer Laune heraus, ohne wirklichen Hintergrund und tritt damit jemandem auf die Füsse. Sobald man es merkt, tut es einem leid, man würde, könnte man die Zeit zurück drehen, es rückgängig machen, hat aber keine Chance, passiert ist passiert.

Nun könnte man es dabei bewenden lassen, sagen, es tut mir leid, sagen, es war keine Absicht, hatte nichts zu bedeuten (je nachdem, was es war, es gibt ganz klar Dinge, die nicht entschuldbar sind, so die richtig grossen). Der andere könnte einsehen, dass es nur eine blöde Laune war. Er kann aber auch all seine Ängste reinlegen, all seine Verschwörungstheorien, kann in die kleine Tat viel grossen Hintergrund, gegen sich gerichtet, interpretieren und sich fortan als armes Opfer fühlen. Und leiden. Und in dem Leiden den anderen als bösen Sünder deklarieren, der nichts mehr tun kann, um Abbitte zu leisten. Jeder Versuch wird im Keim erstickt: Nein, ich leide.

Der Sünder fühlt sich immer schlechter, fühlt sich unverstanden, fühlt sich schuldig, jemanden verletzt zu haben, fühlt sich mehr und mehr auch wütend, weil er gar keine Gelegenheit hat, sich zu rechtfertigen. Er wird abgestempelt ohne Recht an seinem Unrecht, welches so gross gar nicht war meistens, sondern nur instrumentalisiert wird, um Fronten zu schaffen. Um eigenes Drama ausleben zu können. Und selbst wenn man wirklich leidet, so wird das Leiden, das ja selbst geschaffen ist, nicht besser dadurch, in dem man es im eigenen Kopf die Spirale raufklettern lässt.

Aber: Das Opfer sieht das anders. Es ist Opfer - es hat alle Rechte. Der andere ist Sünder und hat damit seine Rechte verspielt. Der soll sich nun schön schuldig fühlen, in seinem Sumpf suhlen und warten, ob und wann die Welt wieder dreht für das Opfer. Wann das Opfer sich gnädig zeigt und grosszügig verzeiht. Natürlich nicht ohne noch viel Dankbarkeit für diese grosszügige Geste zu erwarten, schliesslich springt es ja grad ganz gehörig über seinen Schatten.

Ist das fair? Nun, was ist schon fair. Grundsätzlich wohl, wenn zwei Menschen dieselben Rechte haben und die Möglichkeit, sie auszuleben. Wenn der eine ein Recht auf sein Leiden hat, so sollte dies auch dem andern zugestanden sein. Vor allem sollte jeder das Recht haben, gehört zu werden. Das ist auch die Basis jeglicher Kommunikation und Auseinandersetzung sonst - im Guten wie im Schlechten. Nur wenn beide hinhören, was der andere sagt, denkt, fühlt, meint, kann man wirklich DARAUF antworten. Sonst dreht man sich in der eigenen Spirale von Meinungen und Gedanken, die oft mit dem, worum es geht, wenig zu tun haben. Man legt all seine Muster, seine vergangenen Verletzungen, seine Erfahrungen der Vergangenheit in eine kleine Sache und bläst sie damit auf zu einem allumspannenden Etwas, das zu umgehen kaum mehr möglich ist. Und man setzt sich mitten rein und sieht die Welt in diesem Licht - nicht mehr erstrahlen, sondern man geht darin unter.

Ab und an würde es helfen, einen Schritt hinaus zu treten, hinzusehen, sich zu fragen: Was ist eigentlich wirklich passiert? Was hat der andere wirklich gemacht? Und was habe ich mit Gedanken und Gefühlen hineingelegt? Wenn das mal passiert ist, kann man weiter gehen und den andern fragen (wichtig, denn nur er weiss es), was er sich dabei gedacht hat. Klar sind die eigenen Gedanken nicht mundtot gemacht, sie werden gegen die des andern antreten, diese umzustossen versuchen. Aber: hat der andere nicht doch mehr Ahnung von dem, was er selber tut, als man es selber hat? Und wenn man es nicht mal schafft, ihm seine Motivationen und Hintergründe zu glauben: was bleibt dann noch? Und vor allem: mit welchem Recht schiebt man sich selber alle Wahrheit und dem andern alle Lüge zu? Wie wäre es im umgekehrten Fall? Wie würde ich mich im umgekehrten Fall fühlen, wären die Vorzeichen vertauscht?

Darauf baut Rawls "Gerechtigkeit als Fairness" auf: unter einem Schleier des Nichtwissens, wenn man nicht weiss, wo man steht in einem Gefüge, muss man entscheiden, was für alle davon Betroffenen fair und gerecht wäre. Denn wenn man nicht weiss, welche Position man einnimmt, wird Gerechtigkeit etwas sein, das für alle da ist, nicht nur für die einen. Es wäre schön, wenn dieser Gedanke auch im Alltag bewusster gelebt würde, man auch mal aus seiner Warte heraustreten könnte und dem andern seinen Raum zugestehen würde.

Montag, 24. Oktober 2011

Ich bin wertvoll

Heute bin ich - natürlich ganz zufällig, da ich nie bewusst Blick lesen würde, ich doch nicht, nein nein nein - über eine Meldung gestossen: John Lennons Backenzahn, kariös ist er noch dazu, wird für 10'000 Pfund versteigert.

Beweis: http://www.blick.ch/people/international/wer-will-fohn-lennonf-fahn-185168

Erste Reaktion: ungläubiges Lachen
Zweite Reaktion: ich lache immer noch
Dritte Reaktion: WTF??

Wer will einen Zahn eines anderen haben? Schon genug, dass man all die Zähne seiner Sprösse aufbewahren muss, will man eine gute und interessierte Mutter sein, aber fremde Zähne? Und dann nicht mal wiederverwendbar, nein, der Zahn ist kariös. Was will ich damit? In der (nicht vorhandenen) Vitrine im Wohnzimmer ausstellen? Dazu wäre er wohl zu wertvoll. Im Glas neben dem Gebiss einlagern, damit niemand Lunte riecht? Ihn trotz Karies einpflanzen und hoffen, dass ein wenig der Genialität des Originalträgers auf mich überschwappt? Vielleicht ist die aber auch durchs kariöse Loch entwichen - oder noch schlimmer: sie war gar nie im Zahn..

Vierte Reaktion: ich habe auch Zähne...

Ob die wer haben will? Pro Backenzahn 10'000 Pfund - ok, weil ich es bin nur 5000 Pfund - macht (Mist, wieso habe ich mir die Weisheitszähne gezogen??? Der Schuft von Zahnarzt, der hat sie wohl nun versteigert und bei mir noch fürs Ziehen abkassiert - schlechte Welt)... bis wohin sind es Backenzähne und ab wo fangen die andern an? Und würden die andern mehr bringen? So ne schöne Frontschaufel ist doch was Nettes.

Nun, ich denke, die will wohl niemand haben, nicht so wie John Lennons. Auch wenn ich trotz all meinen Gedanken noch immer nicht weiss, wozu fremde Zähne gut sein sollen. Aber man muss ja nicht alles verstehen auf dieser Welt.

Du musst eim Schwein sein...

...in dieser Welt. So singen sie in einem bekannten Lied und ab und an scheint es, sie haben recht. Wenn ein anderes Lied behauptet, Männer seien Schweine, die nur das eine wollen, dann könnte man sagen, auch das hat was Wahres, wobei natürlich niemals alle so sind. Aber es soll sie geben, diese Schweine. Die Schwierigkeit dürfte dann wohl darin bestehen, herauszufinden, wer denn nun das Schwein ist und wer es ehrlich meint. Wobei: auch Schweine meinen es wohl ehrlich - für sich selber, nicht für die andern. So oder so: darauf angesprochen wird dir jeder mit grossen Augen und beleidigter Stimme sagen, dass ER ganz bestimmt kein solches sei, dass er tief getroffen sei. Das kehrt den Spiess und man fühlt sich schuldig. Wobei, umkehren tut es den Spiess wohl nicht, denn sonst müssten sich die Schweine auch schuldig fühlen. Das tun sie wohl kaum, im Gegenteil, sie feiern einen Triumph.

Worin nun besteht dieser Triumph? Sie haben gekriegt, was sie wollten, der Zweck heiligt - sagte schon Macchiavelli - die Mittel und ergo: sie haben alles richtig gemacht. Wieso also fühlt man sich als vom Schwein schweinisch behandelter Mensch schlecht? Weil man selber unterlag? Etwas anderes wollte? Jemandem traute, der andere Interessen hatte, als eben die, welche er behauptet hat? Wie fühlt sich wohl so ein Triumph an? Andauern kann er nicht, denn sonst könnte man aufhören mit dem Spiel. Aber man wiederholt es ja - immer und immer wieder, wohl mit abnehmender Befriedigung. Oder fühlt man sich noch besser? Schweinekönig quasi durch steigenden Erfolg?

Und nun? Was macht man damit? Zurück zahlen? Denjenigen, andere auch schweinisch behandeln, selber zum Schwein mutieren? Nein, es gibt eine ganz andere Methode: weiter so leben und ehrlich bleiben, dann wird man im Falle einer Wiedergeburt in der Kette aufsteigen, während die anderen zu Schweinen mutieren - und dann hauen wir die alle in die Pfanne!

Ich habe noch Schweinsgeschnetzeltes im Kühlschrank :) Was kochen wir denn heute???

http://www.youtube.com/watch?v=BWwhz4hPkSk

Sonntag, 23. Oktober 2011

Der Böse und der Tod

Momentan steht ein Video von Gaddafis letzten Augenblicken im Netz. Man sieht ihn lebend, erst wenig, dann stark Blut überströmt, sieht, wie er von Pistolen bedroht wird und schlussendlich wird er wohl regelrecht hingerichtet. Das Gesicht verzerrt, das Blut überall.

Gaddafi ist tot. Erschossen. Hingerichtet.

Gaddafi war kein Engel, wahrlich nicht, er ist mit seinem Umfeld und vor allem seinen Widersachern hart ins Gericht gegangen, hat ein ganzes Volk unterdrückt und drangsaliert. Das werfen wir ihm vor. Nun hat man mit ihm quasi im Namen der humanitären Hilfe dasselbe gemacht? Ist das legitim? Heiligt der Zweck (welcher war es denn nun genau???) alle Mittel?

Einigen westlichen Machthabern kam Gaddafis Tod sehr gelegen, denn seine Einvernahme vor dem internationalen Gerichtshof hätte einige in ein schlechtes Licht gerückt. Stecken sie hinter der Hinrichtung? Wäre das legitim? Oder eine erweiterte Form von Selbstjustiz? Wer hat Dreck am Stecken, wer wäscht mit Persil? Ich denke, die Wahrheit ist komplizierter als dass er der Böse und seine HInrichter die Guten waren.... Für eine wirkliche Aufklärung wäre eine Gerichtsverhandlung gut gewesen, denn nun wird er in gewissen Kreisen Märtyrer sein, für andere das Böse schlechthin verkörpern. Und beides wird der Sachlage nicht gerecht.

Die Zeitungen sind voll mit Bildern des toten Gaddafi. Das Gesicht verzerrt, Blut überall. Darf man solche Bilder so öffentlich zeigen? Ist das pietätlos? Hätte auch ein Mann vom Format Gaddafis ein wenig Zurückhaltung verdient? Nehmen unsere Kinder Schaden an solchen Bildern? Zeugen sie von Gaddafis Tod und sind wichtig, um den Tod zu glauben? (Mein erster Gedanke: ist er wirklich tot oder ist das nur ein geschickter Schachzug?). Die Meinungen gehen auseinander. Die Bilder zu zeigen ist in meinen Augen nicht das Verbrechen, sie dokumentieren die Abgründe der menschlichen Seele (nicht nur Gaddafis....) - die leider realistisch sind. Klar würden wir unsere Kinder gerne von solchen Bildern fernhalten, sie vor der Grausamkeit der Welt beschützen. Leider ist das im heutigen Zeitalter der allumfassenden Medien kaum möglich. Wir können sie nur tragen auf dem Weg, die Realität zu erfassen mit all ihren Schrecknissen.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Zaudern, zögern und nicht trauen

Oft wagen wir nicht, uns zu öffnen, das zu sagen, was wir denken, fühlen, wollen, aus Angst, zurück gewiesen zu werden, das Gesicht zu verlieren, sich bloss zu stellen. Wir halten hinterm Berg mit dem, was in uns vorgeht, lassen es brodeln, wälzen in Gedanken die Worte, die wir so gern sagen möchten, halten die Hände im Zaum, dass sie das nicht tun, was sie gerne täten, nur um nicht die Blösse einer Abfuhr zu erhalten.

Was, wenn das, was ich denke, fühle, will, nicht erwidert wird? Was, wenn ich ausgelacht werde für das, was in mir vorgeht? Was, wenn ich falsch liege und mich zum Gespött mache? Oder schlimmer noch: was, wenn meine Gefühle ausgenutzt werden? Wenn ich zum Spielball werde und in der Folge leide, weil ich mein innerstes nach aussen gekehrt habe und es gegen mich verwendet wurde?

Die Gefahr besteht wohl immer, aber ein weiser Mensch sagte mir mal: wenn du etwas willst, dann sag es, steh dafür ein, nur so kriegst du es auch. Ich fand das sehr weise, nur fällt es mir immer wieder schwer, weil die Ängste tiefer eingebrannt sind als das Wissen um die Richtigkeit dieser Aussage. Wenn ich dann Lieder wie das:

http://www.youtube.com/watch?v=Vjw1t8xa1Cg&feature=related

oder

http://www.youtube.com/watch?v=XcP-mQdxAr8

höre, dann denke ich wieder: es ist eben doch so. Und selbst wenn ich gegen Mauern rennen würde, selbst wenn es weh tun würde: meine Gefühle waren echt und meine Gedanken die, welche ich hatte. Was daran soll falsch sein? Was ist so falsch daran, zu sich zu stehen? Wieso soll man Zurückhaltung üben, wenn doch alles in einem schreit "gogogo"? Entweder es passt oder es passt nicht, die Zurückhaltung wird es wohl kaum passender machen, ebensowenig das Zeigen unpassender.

Work in progress...

suddenly

http://www.youtube.com/watch?v=CsN2TQLQons

Just a feeling, just a song - but with meaning.

Montag, 17. Oktober 2011

Von Gefühlen und anderen Wahrheiten

"Höre auf deinen Bauch, er wird dir sagen, was richtig ist!" sagt eine altbekannte Weisheit. Doch: was sagt mein Bauch? Wie sagt er es? Wie höre ich es? Und wie weiss ich, dass es mein Bauch ist, der spricht, dass es nicht die Leber, Niere oder gar eine verinnerlichte Stimme einer Angst, eines andern ist? Was kann ich trauen? Was soll ich folgen?

Und: wenn ich schon solche Probleme habe, mir selber zu trauen, wie kann ich das einem andern? Wie weiss ich, ob er wirklich meint, was er sagt oder nur sagt, was er denkt, dass ich es hören will? Wann ist eine Aussage seine Bauchstimme und wann nur leeres Gerede? Und selbst wenn er sagt, was er fühlt, wer sagt, dass es andauert? Nicht eine Stimme des Moments ist? Was, wenn was heute noch wahr ist, morgen schon Schnee von gestern ist? Eine schöne Erinnerung, etwas, das mal war, nicht mehr ist?

Lebe im Jetzt, schau nicht zurück und nicht nach vorne. Nur das jetzt ist, alles andere ist blosse Illusion. So oder ähnlich sagt es die östliche Philosophie. Das klingt schön und einleuchtend. Ist es die Wahrheit? Oder gilt diese Wahrheit nur im Osten? Vielleicht geboren aus der Not, dass man da aus Gründen von Krieg, Armut, Knappheit an Gütern besser nicht nach vorne schaut, da dieser Blick Unglück verheisst? Oder ist es aber das einzig Richtige, da wir sowieso nur das Jetzt erfahren können, das Morgen nie so sein wird, wie wir es uns ausmalen, da das Ausmalen nur eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, keine wirkliche Prophezeihung ist. Nun ist in der Philosophie alles Wissen Wahrscheinlichkeit, da wirkliches Wissen kaum möglich ist. Selbst in den genausten Wissenschaften wird gestriges Wissen immer wieder überworfen und heute gilt ein anderes. Also war das gestrige Wissen, das, was gestern als wahr und richtig erschien, kein Wissen, sondern eine Annahme mit grösstmöglicher Wahrscheinlichkeit - aufgrund des Standes von damals. Und genau so ist das, was ich heute höre von jemandem, das, was dieser heute denkt, dass es wahr ist - im besten Falle, von Lügen wollen wir ein anderes Mal sprechen. Was aber, wenn morgen eine andere Wahrheit wahr ist? Klar kann ich das nicht ändern, selbst wenn ich heute daran denke, dass es so sein könnte und mir damit schon das Heute kaputt mache. Vielleicht denke ich auch daran, um im glücklichen Heute nicht zu sehr abzuheben - dann wäre der Fall im anderen Morgen nicht so gross. Vielleicht habe ich auch nur Angst? Aufgrund von vergangenen Erfahrungen? Vielleicht hoffe ich so sehr, dass das wahr ist, was ich höre, weil ich will, dass es wahr ist, weil ich das, was ich höre, so gerne hören wollte und nun, da ich es höre, nicht mehr loslassen möchte?

Nun könnten wir den Bogen weiter spannen zur Aussage, dass man alles loslassen soll, weil nur dann das Leiden ein Ende hat und alles Verhaftetsein ins Leiden führe. Das wäre dann eine Yogaphilosophie. Und so fliegen wir von Philosophie zu Philosophie, hören in uns hinein und wieder hinaus in die weite Welt der Philosophien, bilden unsere eigenen Philosophien, um sie wieder zu verwerfen, hören wieder in uns hinein, was wir denn nun denken, glauben, hoffen. Und sind am Schluss wieder da, wo wir vorher waren, weil wissen tun wir nichts - wir können nur warten und hoffen und sehen, was da kommen möge - und wie es sich anfühlt. Und: dann auf unseren Bauch hören, was der dazu sagt. Und vermutlich - oder sehr wahrscheinlich - wird der Kopf auch noch was dazu sagen und schon haben wir sie wieder, die Stimmen, die wild durcheinander sprechen. Allerdings scheine ich nicht alleine damit, diese Stimmen hörten schon andere und haben sie sogar in Gedichte verpackt. Danke Herr Fried, für das wohl wahrste Liebesgedicht, das ich kenne.

Samstag, 15. Oktober 2011

Es weihnachtet sehr

Seit ein paar Wochen erhalte ich täglich die korrigierten Weihnachtswunschlisten meines Sohnes. Auf den Hinweis, dass es bis Weihnachten noch eine Weile hin sei und sich die Wünsche noch oft ändern könnten, kommt wenig bis nichts, höchstens ein verächtliches Schnauben ob so viel Unwissenheit und Weltfremdheit einer Mutter. Netterweise räumt der wünschende Bub die veralteten Zettel jeweils selber ab - wohl mehr zum Schutz seiner aktuellen Liste, als aus Ordnugnsbewusstsein und Tischkulturschutz meinereiner. So oder so, ich bin nun im Besitz des Zettels Nummer (gefühlt) 1845, vollgekritzelt (vollgeschrieben würde das Bild nicht treffen) mit irgendwelchen abstrus klingenden StarWars-Artikeln von Lego. Den Ausführungen des Heranwaschsenden, was es mit den StarWars-Figuren und -Schiffen und -Welten auf sich hat, bin ich schon lange nicht mehr gefolgt, ich weiss nur so viel, dass es Gute und Böse gibt und er die Bösen cooler findet. Ich weiss nicht, ob das gut ist. Wohl eher böse? Will ich ein böses Kind? Nein, mein Kind ist gut, das ist wohl der Gegenpol.

So weit so gut, Weihnachten wird kommen - und damit eine Invasion von StarWars-Raumschiffen inklusive böse Männchen (können Legomännchen böse sein? Und wenn ja, was machen sie dann? Mit mir?) Ein paar dieser Objekte haben wir ja schon, ein Schiff in voller Pracht, eines in Einzelteilen, weil das begeisterte Kind in seiner ungestümen Begeisterung drüber stolperte, was das gute (oder böse) Teil nicht verkraftet hat. Wie das Schiff dann im Weltall fliegen soll, wenn es schon solchen Kräften nicht standhält, konnte ich mir verkneifen zu fragen.

Immer noch gut so weit. Doch: wenn seine Weihnachten kommen, dann kommen meine ja auch... was wünsche ich mir denn? Darauf wurde ich gestern so ganz deutlich gestossen, als - Wunder über Wunder - just mein Lieblingslied lief:

http://www.youtube.com/watch?v=yXQViqx6GMY&ob=av2e

Ob ich nun meinem Sohn meinen Weihnachtswunschzettel bringen soll? Ich weiss es nämlich. Ganz genau. Es kam so über mich. Aber Wünsche soll man ja nicht verraten, sonst gehen sie nicht in Erfüllung. Ob das mit Weihnachtswünschen auch so ist? Und irgendwie ist Weihnachten sehr weit weg. So lange warten? Ich glaube, nun haben mein Sohn und ich etwas gemeinsam: wir warten nicht gerne. Weihnachten soll kommen. Jetzt. Sofort. Und wenn nicht? Dann höre ich nochmals das Lied... und nochmals... und nochmals...

Merry Christmas!

Was wäre wenn und hätte ich doch

Was wäre wenn traf auf hätte ich doch und fragte was hätte ich doch, was gewesen wäre, wenn was hätte ich doch getan hätte, was hätte ich doch hatte tun wollen, aber nicht getan hat. Hätte ich doch sagte darauf, dass es nicht wisse, wieso es nicht getan hat, was es hätte tun wollen, doch dass es immer daran denke, dass es hätte tun sollen, was es hatte tun wollen, weil es sich nun immer frage, was nun wäre, wenn es eben getan hätte, was es hätte tun wollen. Und so fragte hätte ich doch was wäre wenn, was denn nun wäre, wenn hätte ich doch getan hätte, was es hätte tun wollen, aber nicht getan hat. Was wäre wenn überlegte und sagte dann, dass es nicht wisse, was wäre, wenn hätte ich doch getan hätte, was hätte ich doch hatte tun wollen, da es nicht wisse, was hätte ich doch überhaupt hätte tun wollen. Zudem war sich was wäre wenn nicht sicher, ob hätte ich doch überhaupt hätte tun können, was hätte ich doch hätte tun wollen, denn schliesslich musste es ja Gründe gehabt haben, dass hätte ich doch getan hat, was es getan hat oder eben nicht getan hat, was hätte ich doch hätte tun wollen. Hätte ich doch wurde nachdenklich und sagte, dass was wäre wenn eigentlich recht hätte, dass man eben nie wissen könne, was wäre wenn, wenn man nicht getan hätte, was man hätte tun wollen, da man nicht mal wisse, ob man hätte tun können, was man hätte tun sollen oder wollen. Insofern sei die Frage, was wäre wenn, eine überflüssige, da da man nie sagen könne, was wäre wenn, hätte man getan. Was wäre wenn und hätte ich doch umarmten sich als überflüssig und lösten sich in Luft auf.

Wer bin ich?

"Das ist cool!" sagt das Ich.
"Das ist doof!" sagt das Ich.
"Pass bloss auf, das ist gefährlich!" sagt das Ich.
"Nun stell dich nicht so an, das ist ganz leicht!" sagt das Ich.
"Streng dich ein wenig an, so klappt das nie!" sagt das Ich.

Wer bin ich? Und wer sind die anderen? Wenn ich mich entscheiden soll zwischen all den Stimmen, welches ist dann meine? Und welches ist das Ich, das darüber entscheidet? Und wenn ich entscheide und ich eine Meinung habe und noch andere Meinungen da sind, wo kommen die her? Oder bin ich viele und alles ist Ich - wer sind dann die anderen? Sind das die Geister, die ich rief, um eine ausgereifte Entscheidung treffen zu können? Und nun werde ich sie nicht mehr los, weil sie in meinem Kopf ihre Besenreitstunden vollführen? Sind das die Überbleibsel einer Wissenschaftsanhänglichkeit, die alles zu bedenken auferlegt hatte? Postscientificale Relikte - um es mit einem selbsterfundenen gut klingenden Wort zu benennen, wie es in ebendiesen Kreisen so gerne üblich ist? Klang vor Inhalt, Schein vor Sein. Wie so oft in dieser Welt.

Was ist eigentlich so schlecht am Schein? Kann nicht, was gut scheint, auch gut sein? Dann wäre ja Schein gleich Sein und insofern echt? Und irgendwo scheint ja das Sein immer, da erst durch den Schein das Sein sichtbar, scheinbar gesehen wird. Gäbe es also ohne Schein gar kein Sein? Oder würde es nicht gesehen, trotz seiner Existenz? Denn wenn es kein Sein gäbe, wäre ja nichts. Und auch das Nichts wäre nicht sichtbar. Die Frage, was Nichts wäre, sparen wir auf für einen nächsten Text, da dieser schon zu chaotisch ist. Wer sagt das eigentlich?
"Er ist chaotisch!" sagt das Ich.
"Er ist kreativ!" sagt das Ich.
"Er regt zum nachdenken an, also ist er!" sagt das Ich.
"Er soll gelöscht werden, da er Unsinn ist!" sagt das Ich.
"Er soll stehen bleiben, da er schon geschrieben ist!" sagt das Ich.

"RUHE!!" sage ich

Samstag, 22. Januar 2011

My way

Wenn der Vorhang fällt, möchte man sagen können, seinen Weg gegangen zu sein. Doch wie sieht er aus? Was genau ist "mein Weg" und wie viele Kompromisse erträgt er? Aus wie vielen verschiedenen Komponenten bildet er sich und wo führt er durch? Wie weiss ich, dass etwas mein Weg ist oder ob es nur ein Weg ist, der durch Gesellschaft, Wünsche, falsche (??) Hoffnungen gepärgt ist? Wir unterliegen so vielen Einflüssen, die Hoffnungen und Bilder prägen: wie stark ist deren Einfluss? Rennen wir nicht oft Bildern hinter her, die nicht wirklich Realität sind, sondern Illusionen und Wunschdenken?

Wer bin ich und wo gehe ich hin? Die wohl wirklich wichtigen Fragen im Leben und die, welche am schwersten zu beantworten sind. Wir verlieren uns in Rollen, sind Vater, Mutter, Arbeiter, Berufler, Mann, Frau - aber sind wir das wirklich? Ist da nicht noch eine tiefer liegende Wahrheit, die hinter all diesen Rollen steckt? Und wie sieht die aus? Und was heisst das für das Leben im Alltag?

Grundsätzlich lässt sich wohl sagen, dass der Mensch kein Einzeltierchen ist. Und genau dieser Umstand sorgt wohl auch für die meisten Schwierigkeiten im Leben. Um den Traum des Miteinanders leben zu können, sind wir schnell gewillt, unseren eigenen Weg zu verlassen, anzupassen, um ihn kompatibel zu machen. Nur geben wir uns dabei immer ein Stück weit auf. Ist der andere nicht zu ebensolchen Kompromissen bereit, wird das so schnell zur Selbstaufgabe, weil man komplett auf die andere Seite wechseln muss, um überhaupt die Chance für ein Miteinander zu haben. Und dann? Ist man fern von seinem Weg, auf unsicherem Gelände, auf dem man sich nicht mehr auf seine Intuition verlassen kann, weil diese auf dem eigenen Weg weiter läuft. Man fühlt sich fremd, unsicher, hilflos und torkelt dahin. Hofft, aufgefangen zu werden und fällt jedes Mal, wenn man es nicht wird, noch tiefer.

Irgendwann kommt man zum Schluss, dass es wohl doch der eigene Weg sein soll. Die Erkenntnis allein beseitigt die Trauer und Unsicherheit nicht. Und die Hoffnung bleibt, dass ein Miteinander möglich bleibt - ohne Selbstaufgabe. Irgendwie - irgendwann. Dass es doch einen Weg gibt, der my way ist und our way sein kann. Dies aber nur, wenn auf beiden Seiten Weggabelungen genommen werden, die zueinander hinführen, die den sicheren eigenen Pfad ein wenig verlassen, um später gemeinsam einen Weg gehen zu können.

http://www.youtube.com/watch?v=_4DJMPGNiD0