Freitag, 4. Mai 2012

Das Leben kommt in Wellen

Als mir der Titel in den Sinn kam, dachte ich an die Geschichte mit der kleinen Wellte, die betrübt sah, wie all ihre Freunde am Ufer zerschellten. Eine andere Welle kam zu ihr und fragte sie, wieso sie so betrübt sei. "Schau doch, alle zerschellen am Ufer und werden vom Ozean verschlungen. So wird es auch mir eines Tages gehen." Die andere Welle sagte: "Hab keine Angst, du bist keine Welle, du bist Teil des Ozeans."

Die Geschichte hat eigentlich nichts mit dem zu tun, was ich schreiben wollte, sie lief in meinem Kopf nur wie ein Film ab, als mir das Wort "Welle" in den Sinn kam. Das passiert ja oft im Leben. Es geschieht etwas, wir sehen oder hören etwas und schon läuft unser Hirn weiter. Macht Assioziationen, greift in einen tiefen Fundus aus Erfahrungen und Prägungen und entwickelt Geschichten, Meinungen, Überzeugungen. Oft haben die nicht viel mit dem aktuell Erlebten zu tun, sondern viel mehr mit der Vergangenheit. Die Automatismen tragen uns zurück und lassen uns  auf die ewig sich abspulenden vergangenen Erlebnisse reagieren, nur dass die Reaktion nicht auf diese trifft, sondern auf die aktuelle Situation - wo sie oft gar nicht wirklich angebracht ist.

Doch eigentlich wollte ich über etwas ganz anderes schreiben. Komme aber nicht dazu, weil ich immer und immer wieder abschweife. Etwas anderes tue, also zu schreiben, etwas höre, das meine Gedanken wegschweben lässt, etwas überlege und ständig zu neuen Themen komme. Dann besinne ich mich und frage ich mich, wo ich eigentlich stehen geblieben war und merke, dass ich noch nicht einmal angefangen habe. Ich merke, dass mein Hirn selbständig wie ein Eichhörnchen von Baum zu Baum hüpft, ohne Rast, ohne Einhalt. Wie oft hatte ich ihnen zugesehen, wie sie sich elegant, schwerelos auf den dünnsten Ästchen bewegten, innerlich bebend, in der Angst, sie könnten abstürzen. Was aber nie passierte und vermutlich selten wirklich passiert. Sie scheinen einen herausragenden Instinkt zu haben, der in Sekundenbruchteilen erfasst, ob ein Ast sie trägt. Oder aber sie sind so schnell, dass sich der Ast nicht entschliessen kann, abzubrechen, denn bis er sich bewegt hat, ist das flinke Tierchen auch schon wieder weg.

Und so bin ich wieder irgendwo gelandet, bloss immer noch nicht da, wo ich hin wollte. Hin wollte ich zum Abschied und den Veränderungen im Leben. Ich wollte schreiben vom Gehen in eine Richtung, die sich irgendwann als Sackgasse herausstellte, so dass Umkehr oder aber Richtungsänderung notwendig wird. Wollte schreiben von all den verletzten Gefühlen, den Ängsten, wie weiter, von all dem Schmerz über verlorene Zeit, verlorene Träume, verlorene Ideale. Ich wollte schreiben von der Hoffnungslosigkeit, die sich breit macht, wenn solche Änderungen immer wieder kommen, von der Resignation teilweise. Ich wollte schreiben von der Enttäuschung über vertane Liebesmüh, über nicht gangbare Wege, über Lebenswege, die nicht realisierbar waren. Und ich wollte schreiben über Neuorientierungen, neue Hoffnungen, gepaart mit dem Schmerz der enttäuschten Hoffnungen. Von der Unsicherheit, den neuen Hürden, den Anfangsschwierigkeiten, den Motivationstiefs, den leisen Stimmen, die erneutes Scheitern unken. Über all das wollte ich schreiben und kam von einem zum andern. Vielleicht morgen. Vielleicht klappt es morgen besser. Für heute belass ich es hierbei.

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